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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
08. November 2006
19:47 MEZ
Abschied vom Herbst in Köln
Frühjahrstermin für die 41. Art Cologne

Köln - 185 Galerien: Knapp 30 Prozent weniger Teilnehmer als noch 2005. Aber: Die angepeilte Qualitätsverdichtung vermittelte die 40. Ausgabe der "Mutter aller Kunstmessen", noch nicht. Wohl eher eine sinnvolle Diät im ungewissen Übergang - wohin?

Noch wird zuversichtlich-trotzig vom Messe-Kunstverantwortlichen Gerard A. Goodrow auf neue Investitionen in Ausstattung, Besucher- und Sammlerbetreuung verwiesen und damit offiziell dem Geraune vom mittelfristig absehbaren freien Fall widersprochen. Auf jeden Fall also mehr Licht und Raum in den Hallen. Denn im April 2007 will man die Art Cologne, das Krisen-Kind des deutschen Kunstmarkts, durch neuen Frühjahrstermin und dann mit weniger zeitgleicher Konkurrenz auf dem Messekalender, aus der Midlife-Crisis hinausführen.

Selbstgefälligkeit

Gründe für den Frühjahrswechsel ab 2007: Die nahezu zeitgleiche Herbst-Konkurrenz zur neu positionierten Fiac (Paris), zur glamourös-hippen "Art Frieze" (London) und auch zum Art Forum, das den Trend-Kunstort Berlin zunehmend zu unterfüttern beginnt, hatten allesamt der Art Cologne lebensbedrohlich zugesetzt. Die Art Basel hält das global-amerikanische Marktsegment längst fest unter den Umsatz-Fittichen, was in Köln bereits vor Jahren selbstgefällig verschlafen wurde.

Bei vielen Teilnehmern ist daher derzeit wohl eher Abwarten angesagt. Einige altbekannte Kölner Galerien wie etwa Jablonka, Reckermann, Stützer, Michael Janssen oder Sabine Schmidt waren zum Herbst-Abschied und Frühjahrs-Anschub jedenfalls nicht erschienen. Ganz zu schweigen von Spitzenhäusern wie Juda, Michael Werner, Gmurzynska, Ropac, Lelong, Robert Miller. Auch der ausländische Anteil (wie gewohnt 16 Österreicher), obwohl 45 Prozent stark, blieb qualitativ ein eher peripheres Art Cologne-Phänomen. Viel Koreanisches, im Grunde nichts Amerikanisches. Unauffälligkeit, Mittelmaß und Gediegenheit also auch hier: falls für die Art Cologne nicht ohnehin nur dieses mittlere Marktsegment vom internationalen Kuchen übrig bleibt.

Die avisierten Top-Sammler werden so nicht zu binden sein. Hingegen bleibt das frei kuratierte, mit 40 Projekten größer gewordene "Open Space"-Terrain - ohne Kojenschranken - eine zunehmend reizvolle, neue Avantgarde-Vermittlung und Inspiration für den Messe-Kunstmarkt.

Natürlich wurde auf der 40. Art Cologne auch verkauft, Einzelentdeckungen und Interessantes inbegriffen. Etwa bei Karsten Greve, einer der ganz wenigen anwesenden Global Player, der eine gerade entstandene Serie roter Arme auf 20 Notenpapieren der 95-jährigen Louise Bourgeois (280.000 Euro) anbot und verkaufen konnte - Titel: "10 am is when you come to me."

Konkurrenzkrieg

Die wenigen Monate bis zum neuen Art-Cologne-Start im April 2007 mögen ein Grund sein für manche Aussteller-Zurückhaltung. Dann aber kommt es mit Düsseldorf exakt zeitgleich (18. bis 22. April) zum Messe-Konkurrenzkrieg: Die neue "dc - duesseldorf contemporary" stellt sich auf. Und das im Vergleich zu Köln derzeit schuldenfreie und prosperierende Düsseldorf, nebst Sponsoren, will gewaltige Kunst-Blutkonserven in den schon lange erschlafften eigenen Kunst-Kreislauf pumpen. Allein ein "dc"-Werbeetat von einer Million Euro steht in Düsseldorf zur Verfügung. Der gerade gestartete Düsseldorfer Ausstellungs-Koloss namens "Quadriennale" soll nur ein erstes Zeichen sein.

Ob indes das Ganze von der Kunst-Midlife-Crisis zweier Rheinland-Diven, Köln und Düsseldorf, zurückschlägt in eine zweite Pubertät, bleibt abzuwarten. Die Profile beider Messen sind derzeit noch völlig unscharf, und unter der Strategie-Decke wird kräftig gezittert. (Roland Groß / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.11.2006)


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