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26.02.2003 - Ausstellung
Sentimental Journey zur verlorenen Heimat
An Bildhauer Karl Duldig erinnert das Jüdische Museum. Eine elegant-melancholische Ausstellung, nur leider zu spät.


"Aus vollem Herzen" hätte ihr Vater diese Ausstellung begleitet, ist sich Eva de Jong-Duldig, die in Melbourne ein Karl-Duldig-Museum leitet, sicher. Und doch leiden postume Würdigungen am Übel des schalen Nachgeschmacks.

Vor 14 Jahren starb der 1938 emigrierte Wiener Bildhauer Karl Duldig in Australien, mit 83 Jahren. Das Jüdische Museum zeigt zur Zeit sein plastisches und zeichnerisches Werk. Als Anlaß hätte der Geburtstag des Künstlers dienen sollen, der sich im vergangenen Jahr zum 100. Mal gejährt hat. Doppelt verspätet wird diese Würdigung nachgeholt.

Immerhin gelang im zweiten Stock des Museums eine elegante, wenn auch kleinteilige Präsentation. Zu erklären ist die Auswahl an 65 Kleinplastiken wohl mit dem Transportaufwand. Lagerten die Skulpturen nach Duldigs Flucht aus Wien erst notdürftig verpackt in Paris, um dann nach Australien verschifft zu werden.

Nach einem Jahr Aufenthalt in Singapur wurde Duldig mit Frau und Kind 1940 nach Australien abgeschoben, wo sie in Melbourne ihre zweite Heimat fanden. Der Bildhauer, der in Wien als einer der talentiertesten Schüler des damals dominierenden Anton Hanaks galt, verdiente hier als Kunsterzieher den Lebensunterhalt, schuf Freiluft-Werke wie Mahnmale, Reliefs. Sein einst verheißungsvoller Name verhallte in Australiens Outback.

Im Jüdischen Museum erkennt man Duldig als gewissenhaft arbeitenden Vertreter der Moderne, der die Figur trotz halbherziger Versuche in Richtung Abstraktion nie losließ. Schön die Materialvielfalt von Speckstein, Holz bis Bronze. Die 16 Zeichnungen gehen etwas unter, doch ein Video und Photographien erzählen die Geschichte eines gut aussehenden, sehr sportlichen Mannes, dessen Kunst in der Ferne vergessen wurde. sp

Bis 4. Mai. So.-Fr. von 10 bis 18 Uhr, Do. von 10 bis 20 Uhr.



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