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Carlo Mollino: Nackte Frauen und ein Schmetterling

29.08.2011 | 18:27 |  (Die Presse)

Verbindung der Bewunderung des Universalkünstlers Mollino für den weiblichen Körper und dem berühmten organischen Charakter der von ihm gestalteten Möbel wird im „Project Space“ der Kunsthalle Wien vorgestellt.

Im Graubereich zwischen simpler Erotik und komplexer Installation liegen die geheimen Polaroids von Carlo Mollino (1905–1973). In beinahe barocken Inszenierungen schuf der italienische Architekt, Designer, Schriftsteller und Rennfahrer hunderte Aktfotografien von Bardamen und Prostituierten, in einer privaten, nur ihm bekannten Wohnung.

Die Verbindung von Mollinos Bewunderung für den weiblichen Körper und dem berühmten organischen Charakter der von ihm gestalteten Möbel wird im „Project Space“ der Kunsthalle Wien offensichtlich. Erstmals wird hier in Kooperation mit dem Museo Casa Mollino Turin eine Auswahl der Polaroids einigen Möbelstücken und Ausstattungsgegenständen aus Mollinos Villa gegenübergestellt.

Ähnlich den Bildern werden auch die Tische, Vasen und Zierelemente von einer körperbetonten, kurvenreichen Linie bestimmt und versprühen – trotz moderner Schnörkellosigkeit – einen opulenten Charme. Überhaupt ist bei aller grundsätzlichen Leichtigkeit des Nackten und Reduzierten, sowohl bei den Bildern als auch den Möbeln, ein Hang zu schwerer, samtiger Theatralik bemerkbar. So schälen sich die Damen etwa aus flauschigen Pelzmänteln und ein einfacher, runder Spiegel dient als Schaukasten für einen handflächengroßen, konservierten Schmetterling.

Die Inszenierung als Ausdruck selbst war Mollino ein willkommenes Mittel. Frauenbüsten und dekorative Ornamente schmückten sein Anwesen, die gesammelten und katalogisierten Fotografien sollten ihn auch in seinem, von ihm selbst geplanten Mausoleum umgeben. Mollino brach mit der funktionalen Geradlinigkeit seiner zeitgenössischen Kollegen und belebte die geschwungene Form in Architektur und Design wieder, was ihm heute den Ruf eines richtungsweisenden Gestalters einbringt.

Mollinos umfangreiches Werk ist in seiner Heimat Italien selbst wenig bekannt. International wird es in den vergangenen Jahren neu entdeckt: 2005 wurde beim New Yorker Auktionshaus Christie's die Rekordsumme für Möbel aus dem 20.Jahrhundert von 3, 8 Millionen Dollar bezahlt – für einen Mollino-Tisch aus dem Jahr 1949. Auch ist die Ausstellung im „Project Space“ nicht die einzige ihrer Art, der kleinen Schau in Wien folgt Mitte September eine große Retrospektive im Haus der Kunst in München. m.m.

Von morgen, Mittwoch, bis 25.9.


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