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Galerien in Wien: Der Kastrat und die sieben Zwerge

28.03.2007 | 18:27 | MANISHA JOTHADY (Die Presse)

Maria Hahnenkamp und Katarzyna Kozyra behandeln Körper und ihre Verwandlungen.

Der Körper im Zuge zunehmender Technologisierung: Aus diesem Diskurs nährt sich seit den 1970ern eine Vielzahl an künstlerischen Praktiken. Dass der Körper kein neutraler Behälter des Geistes ist, sondern ein Ort der sich wandelnden gesellschaftlichen Machtstrategien, das demonstrieren zurzeit auch zwei Künstlerinnen, deren Werk sich in die feministische Tradition eingliedern lässt.

Die Fotografien von Maria Hahnenkamp (*1959) zeigen aneinandergepresste weibliche Torsi in roter Kleidung, die keine Individualität erkennen lassen. Vielmehr gestaltet die burgenländische Künstlerin den Körper als Ornament, entledigt ihn von eindeutigen sozialen oder biologischen Festschreibungen. Dazu verfängt sich der betrachtende Blick in floralen Cut-Outs und Textschleifen. Diese knüpfen an Arbeiten der US-Gender-Theoretikerin Judith Butler an, die u.a. die normierende Wirkung des zweigeschlechtlichen Denkens aufgezeigt hat. Wie schon früher – als sie z.B. den Bildraum ihrer Fotografien bestickte – gelingt Hahnenkamp eine eindringliche Analyse des Bildstatus der Frau, der gesellschaftlichen Projektionen von Weiblichkeit.

Inszenatorisch enorm opulent ist Katarzyna Kozyras aktuelles Schaffen: 1963 in Warschau geboren, zählt sie zur Generation der „Kritischen Kunst“ im Polen der 1990er-Jahre. Im Video „Il Castrato“ lässt sie sich als singender Jüngling mit künstlichem Geschlecht auf der Opernbühne kastrieren. Die Arbeit zitiert die Blütezeit der italienischen Barockoper und deren Protagonisten, den Kastraten Farinelli. Kozyra hat sich für ihre Arbeiten zu Mythos Oper und Divenkult in die Obhut eines Gesangsmeisters begeben. Der begleitet musikalisch auch das groteske Treiben in der filmischen Adaption von „Schneewittchen und die sieben Zwerge“. Zwei Arbeiten über die Idee der Verwandlung, die Darstellung eines anderen Ichs – sie gehören zum Besten, das es zurzeit in Wien zu sehen gibt.

Maria Hahnenkamp in der Galerie Krobath Wimmer, bis 21.4., Eschenbachg.9;

Katarzyna Kozyra in der Galerie Steinek bis 20.4., Eschenbachg. 4, Wien 1.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2007)


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