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04.11.2005 - Kultur&Medien / Medien
Medien: Verlust einer Gründerin
VON ISABELLA WALLNÖFER
Verlegerin Aenne Burda, die mit Schnittmustern zum Welterfolg kam, ist tot.

Sie galt als "Königin der Kleider" und "Wirtschaftswunder-Frau". Und tatsächlich war Aenne Burda eine Ausnahmeerscheinung. Als eine der wenigen ihrer Generation (Jg. 1909) gelang es der Lokomotivführers-Tochter, in der Wirtschaft eine steile Karriere zu machen: Seit 1931 mit dem Drucker und Verleger Franz Buda verheiratet, suchte die Mutter dreier Söhne Ende der vierziger Jahre eine berufliche Herausforderung - und fand sie in einem kleinen, verschuldeten Modeverlag.

1949 startete sie mit "Burda Moden". Sie wollte "praktische und für breite Bevölkerungskreise erschwingliche Mode vertreiben", meinte sie später - und beeinflusste so den Stil und das Mode-Bewusstsein mehrerer Generationen von Frauen. 1952 kamen die ersten Burda-Schnittmuster zum Selbernähen auf den Markt und legten den Grundstein für das größte Modezeitschriften-Imperium der Welt. 1953 folgte der Saison-Modeführer "Burda International", 1963 das "Burda Kochstudio", 1965 erreichte "Burda Moden" erstmals eine Million Auflage. In den siebziger und achtziger Jahren folgten "Carina", "Anna" und "Verena", dazu Themen-Hefte wie "Burda stricken und häkeln" oder "Puppen selber machen".

Ende der achtziger Jahre erschienen die Produkte aus dem Burda Modeverlag bereits in 18 Sprachen und über hundert Ländern. 1987, noch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs, wagte Aenne Burda den Schritt in den Osten: "Burda Moden" erschien als erstes westliches Modemagazin in Russland. Der damalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher soll über die Grande Dame der Mode daraufhin gesagt haben, sie habe "mehr geleistet als drei deutsche Botschafter". Auch Aenne Burda wusste um den Einfluss der Mode und meinte: "Die Mode ist nicht nur eine Sprache, die man auf der ganzen Welt versteht, sie stellt auch eine Weltmacht dar."

Früh haben die Eltern begonnen, die Geschäfte an die Söhne Franz, Frieder und Hubert weiterzugeben. 1985 gab Franz Burda seine letzten Anteile an die Söhne ab, im September 1986 starb der Vater. Zwei Brüder zogen sich zurück - und überließen die Geschäfte dem Jüngsten, Hubert Burda.

45 Jahre lang führte Aenne Burda ihren Mode-Verlag selbst - erst 1994 wurde er in den Burda-Konzern integriert, den ihr Sohn zu internationaler Bedeutung führte: 30 Burda-Titel (mit einer Auflage von zwölf Millionen Exemplaren) erscheinen in Deutschland, darunter das Nachrichtenmagazin "Focus", die Frauenzeitschrift "Bunte" und das "Burda Modemagazin", das heute in 89 Ländern und 16 Sprachen erscheint.

Weltweit sind heute 230 Burda-Titel auf dem Markt, von Frankreich bis Asien. 2004 konnte der Burda-Verlag seinen Gesamtumsatz - gegen den Trend - auf über zwei Milliarden Euro steigern.

Zum 90. Geburtstag der Verlegerin erschien 1999 ein Buch mit dem Titel "Die Macht des Schönen". Darin gab sie auch ihr Lebensmotto preis, das sie dem indischen Dichter Rabindranath Tagore verdankte: "Ich träumte, das Leben sei schön." Zuletzt widmete sich Aenne Burda ihrem liebsten Hobby, der Malerei. Am Donnerstag ist sie 96-jährig im Kreise ihrer Familie in Offenburg gestorben.

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