Salzburger Nachrichten am 29. April 2005 - Bereich: kultur
Wenn Rollenbilder unterlaufen werden

Alter und Weiblichkeit sind Themen einer Ausstellung im Salzburger Kunstverein

TOBIAS PÖTZLSBERGERSALZBURG (SN). Der Song, der aus den Boxen dröhnt, ist anzüglich. Das Publikum pfeift und klatscht. Die Stimmung ist aufgekratzt. Sind wir hier bei einer Peepshow?

Nein - im Salzburger Künstlerhaus. Dort wurde am Mittwochabend die Ausstellung "Dirty old women" eröffnet, mit einer außerordentlich unterhaltsamen und sehenswerten Modenschau. Die Wiener Künstlerin Ines Doujak sammelte in den vergangenen Wochen klischeefreie Fotos zum Thema "Alter und Weiblichkeit". Daraus erarbeitete sie mit elf Salzburger Seniorinnen passende Poster und Kostüme - sehr schräge Kostüme, wohlgemerkt.

Bei der Eröffnung fungierten die elf Damen zwischen 59 und 65 Jahren als Models und trugen die Schöpfungen von Doujak: Hüte mit zwei Meter Durchmesser, freizügige Kleider aus aneinander geklebten Fotos oder bunt gescheckte Jacken. Auf dem Laufsteg ließen sie nichts anbrennen und zeigten neben den unzähligen spektakulären Kleidern auch Mut zur Show und Vertrauen in den eigenen, eben "alten" Körper.

"Die Rollenbilder, die es von alten Frauen gibt, sind für mich nicht repräsentativ", sagt Ines Doujak, die in Wien und Barcelona bereits ähnliche Projekte verwirklicht hat. Ab wann ist man eigentlich alt und warum ist die Beziehung der Gesellschaft zum Älterwerden derart gespannt? Das sind zentrale Fragen, die in diesem Kunstprojekt behandelt wurden. Und dabei werden Altersgrenzen ad absurdum geführt.

Vielfältigen Vorurteilen begegnen Doujak und ihre Mitstreiterinnen mit einem frechen Grinsen, sexy Popowackeln und der Demonstration, wie nebensächlich Alter sein kann, wenn es um den Spaß am Leben geht.

"Das 21. Jahrhundert zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass es keine Altersgrenzen mehr gibt", sagt eine der Teilnehmerinnen vor der Modenschau. Mut und Neugier, erzählt sie, hätten sie zum Mitmachen animiert. Nachsatz: "Früher haben wir uns angepasst. Jetzt sind wir in dem Alter, in dem wir tun können, was wir wollen." Das Ergebnis ist sehenswert. Bis 26. Juni sind Kostüme und das Video der Modenschau im Salzburger Künstlerhaus zu sehen. Am 17. und 18. Juni werden Filme zum Thema gezeigt.