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Für Österreich bei der Biennale Venedig: Schinwald

26.01.2011 | 18:32 |  (Die Presse)

Markus Schinwald gilt als einer der international wichtigsten und interessantesten österreichischen Künstler seiner Generation. Der Salzburger Künstler will "auch das soziale Klima Österreichs reflektieren".

Keine andere Ausstellung ist so herausfordernd wie die Biennale Venedig: Dort findet seit 1895 alle zwei Jahre eine Weltmeisterschaft zeitgenössischer Kunst statt. 32 Nationen haben derzeit auf dem Biennale-Gelände ein eigenes Gebäude. Mittlerweile sind es aber schon 83 Länder, die mit Länderpavillons teilnehmen möchten. Mexiko und Chile, auch die Vereinigten Emirate verhandeln über neue permanente Quartiere auf dem angrenzenden Arsenale-Gelände, was für einen 20-Jahres-Vertrag bis zu 1,7Millionen Euro kosten wird.

Österreich verfügt schon seit 1934 über ein eigenes Haus, für das alle zwei Jahre ein Kurator bestellt wird. Für die diesjährige 54. Biennale Venedig ist es Eva Schlegel. Selbst Künstlerin, ist sie für ihr hohes Engagement für Frauen bekannt. Jetzt aber hat sie sich für einen Mann entschieden: Markus Schinwald. Damit hat sie einen Haupttreffer gelandet, denn der 1973 in Salzburg Geborene ist unumstritten einer der international wichtigsten und interessantesten österreichischen Künstler seiner Generation.

 

Kuratorin Schlegel wollte „Erlebbarkeit“

Grund ihrer Wahl, erklärt Schlegel, sei die hohe künstlerische Qualität Schinwalds. Aber der Beitrag müsse auch Österreich repräsentieren, in der internationalen Konkurrenz bestehen können und die fast 400.000Besucher während der fast sechsmonatigen Laufzeit ansprechen: „Ich wollte eine besondere künstlerische Erlebbarkeit.“

Der Bund stellt dafür 400.000Euro als All-in-Budget zur Verfügung. Damit wird Schinwald eine eigene Architektur in den historischen Josef-Hoffmann-Pavillon einziehen, eine zweite Ebene: einen labyrinthartigen Keller mit mehreren Gängen. Denn er möchte das „soziale Klima Österreichs mitreflektieren“, verrät er. Auch das prominente Eingangsportal wird er verändern. Die Konstruktion ist zugleich Skulptur, Architektur und Bühne für weitere Werke.

Damit bleibt er seinem bisherigen Werk treu: Schinwald inszeniert gern eine theatralische Welt voller massiver Irritationen. Ob seine Überarbeitungen von historischen Porträts, die er auf Flohmärkten kauft und ihnen dann Prothesen und Pflaster einfügt, oder sein Spiel mit Marionetten, Barrieren und hohlen Gesten – oft steht der Umgang mit Körpern im Mittelpunkt, die er zwanghaften und besessenen Situationen aussetzt. „Wenn die Krankheit verloren geht, wird die Prothese zur Skulptur“, erklärte er einmal. Mit ihm könnte Österreich dieses Jahr ein ernsthafter Anwärter auf den begehrten Goldenen Löwen der Biennale sein. SBV


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