diepresse.com | ||
zurück | drucken | ||
| ||
04.11.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung | ||
"Superstars": Da muss sie lächeln, die Mona Lisa | ||
VON ALMUTH SPIEGLER | ||
Die Kunsthalle Wien und das BA-CA Kunstforum zeigen brav, was man sich erwarten musste. | ||
Immerhin: Zum letzten Superlativ haben sich die Kunsthalle und das BA-CA Kunstforum doch nicht hinreißen lassen: Schließlich sind die Megastars im Ausstellungsbetrieb, die meist beobachteten, besuchten, geliebten immer noch die alten Meister. Fast schon bescheiden also, diese Beschränkung auf "Superstars", auf das Zeitalter des Pop, auf "Warhol bis Madonna", wie der Untertitel noch mal schreit. Das macht die aufwendige Doppelausstellung mit 290 Werken von 103 Künstlern aber nicht weniger spekulativ. Nicht weniger fragwürdig. Nicht weniger affirmativ. Eine Kritik, die sich die Kunst aber schon seit der
Nachkriegszeit gefallen lassen muss, seit sie sich, beginnend mit der
Pop-Art, mit der Populärkultur und den Massenmedien auf ein gefährliches
Spiel eingelassen hat. Wenn High und Low sich mischen, bleibt eben
manchmal nur Beliebiges über, im besten Falle können Systeme und
Strategien deutlich gemacht werden - nur, so ergiebig sind Marketing, PR
und Branding nun auch wieder nicht. Mit Leben und Werk von Andy Warhol,
Joseph Beuys, Jeff Koons und Gerhard Richter scheint das Wesentlichste
dazu im engsten künstlerischen Sinn eigentlich gesagt und getan: die -
scheinbare - Demokratisierung des Star-Prinzips mit Warhols selbst
ernannten "Superstars", umgekehrt die Demokratisierung der Kunst mit
Beuys' "Jeder Mensch ist ein Künstler", Koons Aufgehen als konstruierte
Figur in der kapitalistischen Konsumwelt, die subversive Verwertung der
medialen Bilderflut durch Richter. Der überwiegende Rest ist ästhetische Kür, Wiederholung,
Übertreibung und hysterische Überdrehung - was man der Kunst schwer
vorwerfen kann, sie ist ein Kind ihrer Zeit. Dieser Ausstellung nur
bedingt: Sie genügt sich selbst im Anhäufen immerhin qualitativ meist
hervorragender Positionen, die um das "Prinzip Prominenz" kreisen. Sei es
im Kapitel "Kunstwerk als Star" am Beispiel der Mona Lisa, mit neuen
Formen des Prominenten-Porträts (Elizabeth Peyton, Sam Taylor-Wood, Marcin
Maciejowski) oder mit der Verarbeitung von "Ikonen" wie Marilyn Monroe und
Michael Jackson. Alles sehr brav abgehandelt. Was fehlt, sind die Überraschungen, die man sich vor allem in der Kunsthalle erwartet hätte: Gewagte Seitensprünge vom Mainstream, die diesem 80er-Jahre-Thema irgendwie Zeitgeist einhauchen oder sogar eine Vision entwickeln hätten können, wie es vor einem Jahr die an ihrem Insidertum gescheiterte Ausstellung "Born to be a star" im Wiener Künstlerhaus versucht hat. Wenn sich sogar schon die einstige Starmaschinerie MTV auf die Vermarktung von Klingeltönen konzentriert - was kommt dann endlich nach dem quotenmäßig in den letzten Zügen liegenden "Big-Brother"-Prolo-Stardom? Wieso meiden die Künstler den Starkult im Sport? Zu mächtige Konkurrenz? Doch zu elitär dafür? Und was ist mit dem klar männlich besetzten Startum am Kunstmarkt? Alles Fragen, auf die die Ausstellung nicht näher eingeht. Dafür wird einem sowohl in der Kunsthalle wie auch im Kunstforum gleich doppelt gezeigt, wie scharf Andreas Gursky Fanmassen bei Popkonzerten fotografieren kann, wie fein Cindy Sherman Rollenmuster deutlich machen kann, wie Orlan ihr Gesicht dem Starkult und der Chirurgie opfert. Ach ja - und der Marken- und Logo-Kult ist heute schon auch sehr stark. Die Ausstellung "Let's do It" in Linz hat dieses Thema heuer schon origineller beleuchtet. Wie auch immer. In "Superstars" ist eben drinnen, was
draufsteht: Alles ist Oberfläche, das bin ich, nichts ist dahinter - hat
schon Warhol gesagt. Dieses System wenigstens zu erklären gelingt
besonders im von Ingried Brugger, Heike Eipeldauer, Florian Steininger
kuratierten Teil im BA-CA Kunstforum, wo man schön klar strukturiert zwar
traditionell die konventionellere Kunst zeigt, sein Publikum neben einer
geteerten Statue vom fleischgewordenen Computerspiel-Star Lara Croft
gleich zu Beginn diesmal sogar auch mit Video-Installationen - etwa mit
Eve Sussmans Belebung von Velazquez' "Las Meninas" - konfrontiert.
In der Kunsthalle dagegen haben sich Gerald Matt und
Thomas Mießgang mehr für einen labyrinthischen Schlender-Parcours
entschieden. Aber auch hier stolpert man auf oder in einige
Ausnahme-Werke, wie etwa Douglas Gordons Videoinstallation "Through a
Looking Glass" von 1999, wo er Robert de Niros Taxi-Driver-Spiegelszene
zusätzlich irritierend verdoppelt. Natürlich dürfen die
90er-Jahre-Brandmark "Young British Artists" ebenso nicht ausgelassen
werden, wie die Anti-Hero-Posen von Jonathan Meese und die
Penis-Verherrlichungen von "Bürgerschreck" Matthias Hermann. Der wahre Superstar aber kommt, wann er kommen muss. Ganz
am Schluss. Im Museumsshop. Der Katalog (Redaktion: Sigrid Mittersteiner)
erfüllt ästhetisch und inhaltlich all das, was man vor lauter Glamour in
der Ausstellung vielleicht übersehen hat. |
||
© diepresse.com | Wien | ||