Salzburger Nachrichten am 21. Dezember 2006 - Bereich: Kultur
Ein Palast ist auch Ballast

Mit Jahresbeginn übernimmt Agnes Husslein die Leitung der Österreichischen Galerie im Belvedere. Ein SN-Gespräch mit der umtriebigen Museumschefin. ERNST P. STROBL

ERNST P. STROBL INTERVIEW Agnes Husslein, bis 2005 Direktorin des Salzburger Museums der Moderne, übernimmt am 1. Jänner 2007 die Leitung der Österreichischen Galerie im Belvedere. Ob sie ihre legendären Fundraising-Dinners nun im Staatsvertragssaal abhalten wird: Der umtriebigen Dame wird vieles zugetraut. Vorerst will Husslein eine Verdoppelung der Basisabgeltung und die Sammlung neu positionieren.

Fühlen Sie sich in der Männerrunde der Wiener Museumsdirektoren - Wilfried Seipel (KHM), Klaus-Albrecht Schröder (Albertina), Rudolf Leopold (Leopold Museum) und anderen - willkommen? Husslein: Die Herren sind sehr zuvorkommend und besonders nett bis jetzt. Ich habe sogar Blumen bekommen. Aber bitte schön, ich habe ja auch noch nicht begonnen.

Mit welchem Gefühl sehen Sie der Regierungsbildung entgegen? Husslein: Interessiert, aber man weiß nicht sehr viel.

Wären Sie gerne selbst Kulturministerin? Husslein: Um Gottes willen! Nur das nicht! Bei so einem Job, den ich jetzt habe? Mich interessiert Politik nicht.Nicht oder nicht mehr? Husslein: Mich hat es einmal interessiert, aber das war zu Erhard Buseks Zeiten, vor 15 Jahren.Welche Erfahrungen aus Ihren Salzburger Jahren wollen Sie in Wien einbringen? Husslein: Durchsetzungskraft. In Salzburg hatte ich zwei konkrete Aufgaben: einerseits ein neues Museum zu etablieren, andererseits ein vorhandenes Museum wieder in der Aufmerksamkeit zu positionieren. Das wäre dasselbe wie hier, denn hier muss ich ein vorhandenes Museum wieder in den Köpfen der Menschen verankern. Es ist ja positioniert, weil die Österreichische Galerie eine klar umrissene Aufgabe hat.

Ich mache hier auch Neues, nachdem ich neue Strukturen, neue Ausstellungsorte schaffe. Vieles muss wieder neu aufgebaut werden wie Infrastruktur, Marketing oder die Kommunikation. Ich kann mein Know-how einbringen, welche Ansprüche ein modernes zeitgenössisches Museum haben muss. Das kommt mir hier sehr entgegen, dass ich mich damit fünf Jahre lang beschäftigt habe."Ich werde immermachen, was ich fürgut und richtig halte" Würden Sie vor dem Belvedere den "feinen Pinkel" von Gelitin aufstellen? Wo ist denn der Salzburger "Erreger" überhaupt? Husslein: Ich weiß nicht, wo er ist. Ich glaube, im Lager. Das mit dem "Arc de Triomphe" von Gelitin wird immer ein bisschen missinterpretiert. Ich werde auch hier das machen, was ich für richtig und gut halte. Wenn ich Künstler, auch wenn sie provozieren, für interessant und qualitativ gut genug halte, werde ich machen, was ich für richtig erachte.Wie wollen Sie auf eine Gewinn bringende Quote kommen? Mit Sensationsnamen wie die Albertina? Husslein: Nein, ich habe ein klares Programm: Österreichische Kunst im internationalen Kontext. Mir ist es wichtig, der österreichischen Kunst den Stellenwert zu geben, den sie haben sollte. Und auch den österreichischen Künstlern eine Plattform zu geben, aber ich werde keine "Blockbuster" machen. Am 3. Oktober 2007 kommt "Wien-Paris". Das kommt den Salzburgern bekannt vor.

Husslein: Ja, das ist eine abgeänderte Form der ursprünglich für Salzburg geplanten Ausstellung. Das ist aber ganz anders, weil wir viel weniger Platz haben. In Salzburg hatte ich für 2500 Quadratmeter konzipiert und hier haben wir - im Unteren Belvedere - nur 800 Quadratmeter. Es ist aber trotzdem eine große Ausstellung mit rund 250 Werken.

Was wäre für Sie ein angenehmes Ankaufsbudget? Husslein: Ich glaube, da muss man heutzutage einfach realistisch sein, dass man gewisse Dinge nicht mehr kaufen kann. Da hat man früher was versäumt. Das soll ein Ansporn sein, dass man sehr frühzeitig die junge Kunst kauft. Das ist ganz wichtig. Das habe ich auch in Salzburg - glaube ich - ganz gut gemacht, wo ich Sachen sehr früh gekauft habe.

Gehört es zu Ihren Aufgaben, Kunst zu sammeln? Husslein: Natürlich, und zwar österreichische Kunst. Es ist immer die Aufgabe eines Direktors, möglichst frühzeitig zu erkennen, wer die guten jungen Künstler sind. Eben, weil das Budget sehr bescheiden ist.

Sie gaben bekannt, Sie brauchten "nur zum Überleben" sofort 1,2 Millionen mehr. Eigentlich wollen Sie aber 4,5 Millionen als Aufstockung zur derzeitigen Basisabgeltung durch den Bund in der Höhe von 4,4 Mill. Euro? Husslein: Ja, ich möchte eine Verdoppelung. Wenn man das im Vergleich zu anderen Museen sieht, ist das unverhältnismäßig niedrig. Allein die Gehälter betragen schon 5,2 Millionen Euro.

Wissen Sie, wie viel Mitarbeiter Sie haben? Husslein: 117. Aber da muss es einen Zuwachs geben.

Wie wollen Sie nun vorgehen, haben Sie Visionen? Husslein: Ja, ich habe viele Visionen. Es ist so ein Riesenpotenzial da. Zum Beispiel im Unteren Belvedere, da geht es darum, einfach diesen Ort wieder zu beleben. Und im Oberen Belvedere natürlich auch. Ich finde, dass dieses Schloss einerseits ein wunderbares Juwel ist und eine der schönsten Barockanlagen Europas, aber andererseits natürlich auch ein Ballast. Es ist auch eine Riesenherausforderung.