Bregenz
(VN-cd) Das Projekt "Kunst in der Stadt" wurde in
diesem Sommer nicht realisiert, dennoch hat sich im öffentlichen
Raum in Bregenz Kunst ereignet. Unvorhergesehen wie durch das
Auslegen einiger Foto-Arbeiten von Jeff Koons im Terminal von
Gottfried Bechtold am Leutbühel und bislang beinahe unbemerkt, wie
in der Fußgängerunterführung beim Hafen. Dort hat Uwe Jäntsch
gemeinsam mit Kindern gearbeitet und eines der schönsten Werke
"hinterlassen", die man in Bregenz zuletzt zu Gesicht bekam.
Die Landeshauptstadt ist somit der dritte Ort, an dem
eine Arbeit von Uwe Jäntsch ins Straßenbild hineinwirkt. In Hamburg
ist es ein Haus am Fischmarkt, das seine Handschrift trägt, und die
Ruine an der Piazza Garraffello in Palermo ist in verschiedene
Kunstmagazine aufgenommen worden, nachdem sie der aus Lochau
stammende Zeichner und Filmemacher mit seinen Motiven versehen hat.
Im Stadtteil La Vucciria hatte er einen Raum eingerichtet, in dem
sich des Nachts einfinden konnte wer wollte. Und das waren vor allem
Menschen verschiedener Nationalitäten und aus verschiedenen sozialen
Schichten. Optisch nach dem Vorbild einer dieser vielen
Heiligennischen auf Sizilien gestaltet, war es sozusagen auch ein
Frauenraum in einer Männerwelt. Das Projekt wurde nun in einem Buch
dokumentiert. Im Rahmen der von der Kunsthistorikerin Marion
Kotula-Studer ins Leben gerufenen Aktion "Kinder und Künstler" hat
er nun mit zwölf Kindern im Alter von acht bis 14 Jahren in Bregenz
eine Fußgängerunterführung "ausgemalt". Das heißt, gemalt haben
ausschließlich die Kinder.
Ungemein kreativ
Angesichts der Tatsache, dass man sich hier
genaugenommen unter den Bodenseespiegel begibt, stand das Thema bald
fest: Monster, Schlangen, Würmer und allerlei Getier und Fabelwesen
sollten den Weg des Reisenden bevölkern, der entweder von einem
Schiff oder vom Bahnsteig in die Stadt geht (oder umgekehrt). Den
Kindern brauchte nicht viel erklärt zu werden, Uwe Jäntsch wollte
lediglich eine Farbe verwendet haben, ein Schokoladebraun. Als
Kontrast dazu hat er an den Stufen Streifen in gelber Leuchtfarbe
angebracht, die auch mit der Deckenbeleuchtung korrespondieren. Die
erste Wand hatte man im Nu fertig, der Rest war in den fünf Tagen
gut zu bewältigen. Von der Kreativität seiner Anvertrauten selbst
überrascht, gab es nur noch bezüglich der Deckengestaltung eine
Diskussion. Die Verantwortlichen der ÖBB, deren Zustimmung etwas
Überzeugungsarbeit brauchte, wollten die Decken freigelassen haben,
doch einer der jungen Künstler wollte schließlich vier große Mäuler.
Sie prangen nun an den jeweiligen Eingängen.
Auf den Schultern getragen
Keine Angst, der Abstieg unter dem Maul ist nicht
schaurig, sondern wirklich schön. Und wer sich fragt, wie denn die
Kinder es schafften, sich an den oberen Wandflächen bzw. an der
Decke zu "verewigen", bekommt ein berührendes Bild geschildert.
Jäntsch und seine Assistentin Sandra Dorner haben die kleinen Maler
nämlich jeweils auf den Schultern getragen.
Ein Jahr lang soll diese aufregende Wandbemalung nun erst einmal
beobachtet werden. Ganz ohne großes Trara hat Bregenz damit in einer
Unterführung, die einmal nicht von hässlichen Werbetafeln
verunstaltet ist, ein tolles Kunstwerk. Die Raumwirkung ist
grandios, es besteht eigentlich nur die Gefahr, dass man beim
Ablesen dieser spannenden Motive den Zug oder das Schiff versäumt.
Aber was soll's, es gibt ja immer wieder eine nächste
Einstiegsmöglichkeit, es kommt aber eben nicht oft ein Künstler in
die Stadt, der mit Kindern ein derart anziehen-des, einzigartiges
Kunstwerk schafft.
Uwe Jäntschs Kunst-Unterführung wird heute mit einem Fest
eröffnet. (Foto: Dietrich)