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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
07. Juni 2006
12:12 MESZ
Von Markus Mittringer

"Made in Leipzig – Bilder einer Stadt"
Bis 3.9.  
Foto: Foto: Sammlung Essl
"Made in Leipzig" und jetzt in Klosterneuburg: David Schnell "12:02", Acryl und Öl auf Leinwand.

Foto: Sammlung Essl
Tim Eitel: "Feuer" (2005)

Stationen einer Bildungsanstalt
Die Sammlung Essl präsentiert mit "Made in Leipzig – Bilder einer Stadt" ein gelungenes Modell, den Kunstmarkt um ein weiteres heißes Label zu bereichern

Die etwa 100 ausgestellten Arbeiten stammen zum Großteil aus der Haussammlung.


Klosterneuburg – Also irgendwie wird man ja das Gefühl nicht los, dass es bei der so genannten "Neuen Leipziger Schule" um die so genannten alten Werte geht, um ein Modell, diese über ihre eigentliche Zeit hinaus zu retten – und damit in eine wenigstens ertragreiche Zukunft.

Momentan jedenfalls parkt der Wanderpokal "Goldene Palette" in Leipzig, momentan jedenfalls noch gilt die Bildproduktion der Buch- und Musikstadt dem flotten Kunstmarkt als heiß. Momentan noch balgt sich ein Grüppchen von Sammlern um Leinwände "Made in Leipzig", und jeder einzelne von ihnen ist bereit, sich etwa einen Neo Rauch ganz schön etwas kosten zu lassen.

Am besten kauft man so einen Neo Rauch natürlich nicht in Leipzig, sondern auf der Art Basel in Basel oder Miami Beach oder in der David Zwirner Gallery in New York oder gleich in Gerd Harry Lybkes Berliner Galerie EIGEN + ART. Und man kann gar nicht schnell genug kaufen, um mit der Preisentwicklung mitzuhalten.

Wer kauft und aus welchen Motiven heraus, erklärt Art- Basel-Chef Samuel Keller in einem Interview in der aktuellen Ausgabe des Kunstmagazins Art: "Die Motive, warum Leute Kunst kaufen, sind ja sehr heterogen. Wir alle haben diesen Anspruch, dass dahinter möglichst hehre Motive stehen sollen. Doch in der Realität kaufen Leute Kunst, weil sie ihr Haus dekorieren wollen, aus Leidenschaft, weil sie etwas unbedingt besitzen müssen, oder auch, weil sie sich eine gute Wertsteigerung erhoffen." Demnach ist es diesen "Leuten" weniger wichtig, was genau sie kaufen: Von vorrangiger Bedeutung ist für sie, wie sehr die Exklusivität der Ware auf sie selbst abfärbt. Und mit einem teuren internationalen Label kann da am wenigsten schief gehen.

Die Galerie zur Schule

Ohne Gerd Harry Lybke gäbe es das Label die "Neue Leipziger Schule" gar nicht. Lybke hat die über Generationen hinweg durch nur eine Schule (Hochschule für Grafik und Buchkunst) geprägte Szene Leipzigs als erster nicht als "regional" begriffen, sondern sein Behauptung, es würde dort Weltklasse produziert, auch erfolgreich am Kunstmarkt durchgesetzt (und damit seine eigene Karriere auf Schiene gebracht). 1993 etwa hätte man Neo Rauch bei Gerd Harry Lybke noch günstig erwerben können.

Karl Heinz Essl wurde erst 2003 durch die Ausstellung Sieben mal Malerei im Museum der Bildenden Künste in Leipzig auf die Künstler der Neuen Leipziger Schule aufmerksam, scheint aber mit dem aktuellen Preisniveau keine Probleme zu haben. Den Großteil seiner rund hundert Arbeiten umfassenden Präsentation Made in Leipzig kann er sein Eigen nennen.

Und er beschränkt sich dabei nicht nur auf die aktuellen Stars, sondern beginnt mit der Lehrergeneration (Leipziger Schule) um die DDR-Granden Wolfgang Mattheuer, Bernhard Heisig oder Werner Tübke, deren Werk noch davon geprägt ist, den Sozialistischen Realismus zu erweitern/überwinden.

Die Folgegeneration stellt mit Positionen wie Sighard Gille oder Arno Rink die unmittelbaren Lehrkräfte der neuen Schule. Neo Rauch studierte bei Arno Rink und war anschließend noch Meisterschüler bei Bernhard Heisig, wurde daraufhin Assistent und 2005 schließlich selbst Professor an der Hochschule für Grafik und Buchkunst. Weitere Positionen der "Schule" vertreten in der Ausstellung Christiane Baumgartner, Wolfram Ebersbach, Henriette Grahnert, Rosa Loy, Eveyn Richter, Anette Schröter oder Tilo Schulz.

Weder qualitativ noch thematisch lassen die sich auch nur annähernd auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Außer jenem vielleicht, dass allesamt im weitesten der Gegenständlichkeit und dem gediegenen Handwerk verpflichtet sind – ob malend oder mit der Kamera.

Immerhin, ihr Bekenntnis zur Flachware ist durchaus die Basis für den Einzug in die Häuser eingangs erwähnter "Leute". Zudem sind die Arbeiten von hohem dekorativen Wert, die gegenständlichen Bildelemente erleichtern Wiedererkennen und Beschreiben und das Logo sorgt ohnehin dafür, dass kaum jemand das Staunen ob der Alten Werte im zeitgemäßem Marketing hinterfragt. Schon gar nicht in Miami Beach.

Zur Ausstellung ist ein Katalog mit ausführlichen Biografien der Künstler und einer Geschichte der Hochschule erschienen. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.6.2006)


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