Verkaufskultur | |
Gemeinsam mit seinen Studenten untersuchte Rem Koolhaas die Auswirkungen der Konsumgesellschaft auf die Stadt. |
In einer Mischung aus Feldstudie,
statistischer Untersuchung, historischer Forschung und Anekdotensammlung
beschreibt der Harvard Design School Guide to Shopping Einkaufen als
zentralen Modus des urbanen Lebens. Konsum, so die These, ist der Motor
der Stadtentwicklung und in vielen Fällen wichtigste Existenzberechtigung
der Stadt überhaupt. Das Buch wurde, wie auch alle Koolhaas-Vorläufer, ausgiebig in
der internationalen Presse besprochen. So weit, so theoretisch Mit der praktischen Umsetzung seines konsumkritischen Ansatzes erging
es Rem Koolhaas wesentlich schlechter. Die Modewelt gab sich letztes Jahr
ein Stelldichein, um den neuesten Wurf des urbanen Vordenkers Rem Koolhaas
zu bestaunen. Die Eröffnung seines Prada-Flagshipstores im New Yorker
Stadtteil SoHo war ein gesellschaftliches Ereignis der Extraklasse. Mit 40 Millionen Dollar (34,97 Millionen Euro) ist das neue
Prada-Flaggschiff pro Quadratmeter in Downtown die teuerste
Verkaufsfläche. Die Leitidee hinter dem Projekt war nicht weniger, als das
Einkaufen für das 21. Jahrhundert neu zu erfinden. Den Katalysator zu
diesem ehrgeizigen Projekt sollte der Stammsitz des benachbarten
Guggenheim-Imperiums abgeben. Thomas Krens' Museumskonzern sollte die
Verkaufsfläche des Edelschneiders mit zeitgenössischer Kunst
bespielen. Mit der Planung der Las-Vegas-Filiale für Guggenheim war die Achse
Krens-Koolhaas bereits gut geschmiert.
Kritisches Potenzial Mit dieser einzigartigen Zusammenarbeit wollte Koolhaas Fragen nach dem
Wesen von Kunst und Konsum aufwerfen. Auch Guggenheim hat diesen
Zusammenhang immer sehr weit interpretiert - etwa mit einer von BMW
unterstützen Motorradausstellung. Die Verbindung der beiden Sphären sollte
diese Entwicklung konsequent zu Ende treiben. Theoretisch ließe sich dagegen einwenden, dass sich gerade das
Prada-Publikum davon kaum hätte abschrecken lassen. Praktisch wurde aus
all den Plänen nichts. Die Finanzkrise im Guggenheim machte einen Strich
durch die Rechnung. Geldnot Ironischerweise trafen sich da die Beinahe-Partner. Schließlich hat
sich Prada mit seiner Expansionspolitik bedenklich weit aus dem Fenster
gelehnt. So weit, dass beide weiteren von Rem Koolhaas geplanten Filialen
in Beverly Hills und San Francisco einstweilen auf Eis gelegt sind. Was
bleibt ist die Bühne dieses gescheiterten Versuchs.
Die Welle Der ganze Raum an der Ecke Prince Street und Braodway wird dominiert von einer Struktur, die Koolhaas "The Wave" nennt. Die konkave Form zieht sich über zwei Stockwerke. Die Treppen an der Schräge dienen zur Präsentation von Schuhen ebenso wie zum Sitzen - bei kulturellen Veranstaltungen. 150 Menschen passen in dieses "Theater". Eine hydraulische Anlage auf der gegenüberliegenden Seite der Welle kann zur Bühne umgebaut werden. Nach dem Rückzug von Guggenheim wurde aus dem geplanten Kommentar auf den sozialen Akt des Einkaufens wenig mehr als eine gelungene Firmenpräsentation. Jetzt bespielt die Prada-Foundation temporär ihren Schauraum. | ||||||