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01.08.2003 - Ausstellung
Festspiele der Augen
Kunstfreunden ist Salzburg natürlich immer eine Reise wert. Im Sommer aber noch mehr. Denn da kehren auch die Ausstellungshäuser ihre Festspielseite hervor.
Von Johanna Hofleitner


Auf die Mozart-Stadt maßgeschneidert scheint das Konzept von „Sound Systems“: die Sommerausstellung des Kunstvereins geht der Funktion von Musik als gestalterisches Element in der zeitgenössischen bildenden Kunst nach. Die Beschäftigung mit klassischer Musik von Mozart, Beethoven, Wagner wird hier ebenso untersucht wie die symbolisch aufgeladene Funktion heutiger „Soundsystems“, wie sie bei Rave-Partys, DJ-Lines, Rock- und Popevents zum Einsatz kommen. Da experimentiert etwa Henrik Hakansson mit Möglichkeiten der Kommunikation von Menschen mit anderen Lebewesen. Rodney Graham wirbelt mit seinem nach einer Humperdinckschen Vorgabe entwickelten, schier endlos wirkenden Loop „Parsifal (1882 ca. 17 Uhr bis 38 969 364 735 ca. 19.30 Uhr)“ jegliche interpretatorische Praxis durcheinander. Oder Mark Leckey: mit seinen Skulpturen aus Boxen, Verstärkern und Plattenspielern fokussiert er die britische Jugendkultur. Klassisch hält hier das Rupertinum mit Art Brut dagegen und begibt sich mit einer umfassenden Jean Dubuffet-Personale auf die „Spur eines Abenteuers“. 120 Werke geben guten Einblick in das vielfältige Schaffen dieses großen Schwierigen und Wegbereiters des 20. Jahrhunderts.

Historisch markantestes Ereignis dieses Kunstsommers ist das 50jährige Jubiläum der „Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst“. Von der aktiven Seite betrachtet böte sich ja die Teilnahme an einem der Kurse an: Malerei etwa kann heuer bei Hermann Nitsch studiert werden, die Kunst der Installation lässt sich bei internationalen Stars wie Ilya & Emilia Kabakov oder dem Belgier Guillaume Bijl erlernen, Fotografie bei der großen Katharina Sieverding. Wer sich nicht angemeldet hat, kann dennoch am hochkarätigen Angebot partizipieren und eine (oder mehrere) Veranstaltungen besuchen: zum Beispiel Hermann Nitschs Orgelkonzert (heute, 20 Uhr, in der Galerie Esplanade in Bad Ischl), Künstlergespräche oder die Vorträge über Oskar Kokoschka, den Maler, Lehrer und Begründer der Sommerakademie. Eine schöne Dokumentarausstellung zur Person „OK“ und seiner „Schule des Sehens“ anlässlich „50 Jahre Internationale Sommerakademie“ zeigt übrigens die Residenzgalerie, wie denn auch viele der diesjährigen Meisterlehrer an den verschiedensten Orten der Stadt mit Ausstellungen präsent sind – zum Beispiel Steina & Woody Vasulka, Video- und Medienkünstlerpaar der ersten Stunde, in der Galerie 5020.

Apropos: Auch die Galerien warten mit Hochkarätigem auf. Der Fotohof mit einer Personale von Monika Wiechowska, Shoot-ingstar der internationalen Fotoszene. Alt-nöder mit Raritäten aus dem frühen Schaffen Bruno Gironcolis. Ropac mit Bestsellern wie Warhol und Kiefer. Ein schon Tradition gewordener Schwer­punkt des Festpielsommers fällt heuer allerdings recht schlank aus: das Salzburg-Gastspiel der Wiener Innenstadtgalerien zeitgenössischer Kunst. Da hält diesmal einzig Heike Curtze die Stellung – mit einem umfassenden Programmquerschnitt von Armando bis Carol Venezia.



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