Galerien
Sind Blumen pietätlos?
(cai) Die alten Ägypter waren
ja ebenfalls begeisterte Verpackungskünstler. Aber sie hätten der Mumie
von Ramses II. ganz bestimmt kein Blümchenkleid angezogen. (Ein
Blümchenkleid? Wie pietätlos!) Obwohl: Wenn Benjamin Eichhorn einen
brutalen Schläger in einen geblümten Stoff hüllt (nein, keinen Boxer:
einen Vorschlaghammer!), dann hat der eigentlich sowieso keine
Ähnlichkeit mit einer Mumie im Blümchenkleid (also mit einer "Blumie"),
sondern eher mit einem Wolf im Nachthemd. (Mit dem Wolf, der
sich als harmlose Großmutter ausgibt, damit er das Rotkäppchen besser
fressen kann.) Das Knusperhäuschenprinzip eben. Draußen Lebkuchen,
drinnen die gemeine Hexe.
Diverse gefährliche Werkzeuge hat Eichhorn in kitschige florale
Muster eingenäht und durch diese Blumenwiesen-Camouflage entschärft.
Lebt da einer seine Weltfriedensfantasien aus? Oder hat er aus den alten
Äxten und Sensen bloß sentimentale Erinnerungsstücke gemacht? Und die
Dessertteller, die so groß sind, dass man darauf ein ganzes Schwein
servieren könnte? Andachtsbilder für Jausen-Romantiker? Gleich daneben
outet sich der Künstler als "Hochstapler", der beim Auftürmen von 51
Häferln keine Höhenangst hat.Bei diesem Balanceakt bleibt einem vor
Staunen – das Aug’ offen. Das ist freilich kein Dokumentarfoto eines
Weltrekordversuchs, hier wurde die Schwerkraft mit unlauteren Mitteln
ausgetrickst. Mit Superkleber? Nein, mit dem Computer. In eine Kapelle
für die spießige Gemütlichkeit hat Eichhorn die Galerie verwandelt. Er
braucht aber keine Überdosis Blüten, um mit totaler Oberflächlichkeit zu
beeindrucken (die tiefschürfender ist, als man ihr zutrauen tät’). Als
er einmal einen kompletten Raum als Raum getarnt hat (ein möbliertes
Zimmer tut so, als wäre es leer), hat er einfach alles mit derselben
Raufasertapete beklebt. Sogar einen Vierbeiner hat er als Wand
verkleidet, also tapeziert. Einen Hund? Ist das nicht Tierquälerei?
Theoretisch ja, praktisch war der Hund aber eh ein Tisch.
Startgalerie im MUSA
(Felderstraße 6 – 8),
Benjamin Eichhorn, bis 20. Jänner
Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr, Do: 11 – 20
Uhr, Sa.: 11 – 16 Uhr
Die Frauen verduften
(cai) Männer sind Schweine,
Frauen sind Blumen. Äh, die Kurzfassung von Goethes "Heidenröslein"?
(Von diesem deftigen Gedicht übers Blumenpflücken?) Die schwüle
Blumenerotik von Paloma Navares ist jedenfalls subtiler. Na ja, die
Blumen selber eh nicht. Die sind schamlos. Die Lilien und Amaryllen
blühen auf den unanständig detailreichen Fotos üppig auf. Und der Pollen
bröselt ungeniert herum. So, jetzt kommt der feministische Teil. Auf
die zarten, bereits die Melancholie des Verwelkens ausdünstenden
Blütenblätter sind Poetinnen, Hexen, Nonnen gekritzelt, dazwischen
Sätze. Leider kann man höchstens erahnen , wie gewissenhaft
Navares diese Frauenschicksale recherchiert hat. Wie viel in jedem Bild
eigentlich drinsteckt. Und wo sind die Blumen bei den Geishas in den
Leuchtröhren? Hm. Da gibt’s zumindest Schmetterlinge. Und was sind die
anderes als fliegende Blüten?
Mario Mauroner Contemporary Art
(Weihburggasse
26), Paloma Navares, bis 29. Jänner
Di. – Fr.: 11 – 19 Uhr, Sa.: 11 –
16 Uhr
Land schafft Natur
(cai) Barabbas (1943 – 2009)
hat eindeutig ein intimes Verhältnis zur Landschaft gehabt (in seinen
letzten Jahren zur australischen ). Die markanten
Naturformationen sind meist aufregender als die nackerten Damen, obwohl
Frauen doch ebenfalls sehr landschaftlich gebaut sein sollen. Und den
universellen Farbton "Kunterbunt" hat seine Kunst zum Glück nicht immer
nötig. Die Blätter in der Galerie Gans sind angenehm unbunt (das
verwischte Kruzifix, quasi eine Kreuzabnahme mit dem Wischfetzen, ist
sowieso einmalig).
Galerie Gans
(Kirchberggasse 4), Barabbas, bis
22. Jänner
Di. – Fr.: 12 – 18 Uhr, Sa.: 12 – 15 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 12.
Jänner 2011
Online seit: Dienstag, 11. Jänner 2011 17:36:00