„Ich liebe die Anarchie der Weinflecken“
Kunst. Zugegeben: Es klingt nach einem Aprilscherz. Aber der Künstler Bernd Horak malt tatsächlich mit Wein − mitunter auch mit einem 1974er Lafite.
peter gnaiger salzburg (SN). Bernd Horak ist begeistert: „Eine wunderbare Cuvée“, sagt er. „Dieses Grundrot, diese dichte Konsistenz.“ Kurz darauf erfreut er sich am Zweigelt: „Was für ein Violett!“ Nein: Horak ist kein Sommelier. Er ist Künstler. Um genau zu sein: Er ist Maler. Und um ganz genau zu sein: Derzeit malt er am liebsten mit Wein. Das Ergebnis nennt er Vinorell. Und obwohl heute der 1. April ist, handelt es sich hierbei garantiert um keinen Aprilscherz.
Als Künstler ist Horak schon lang kein Unbekannter mehr. Auf die Idee, mit Wein zu malen, kam er vor sechs Jahren eher zufällig. „Ich hatte einmal ein Kastl, da stellte ein Freund sein Glas Rotwein drauf“, erzählt er. „Und der Fleck ging nie wieder raus. Was offenbar an der speziellen Lasur des Kastls lag.“ Daraufhin tüftelte er drei Jahre, wie man Weinflecken auf Papier und Leinwand unbegrenzt haltbar machen kann. 2006 gelang der Durchbruch. Da hatte ein befreundeter deutscher Chemiker die Lösung gefunden. Seitdem ist Horak ständig am Malen: „Etwa ein Vierterl bis zu einem halben Liter benötige ich schon für ein Bild“, sagt er. Als Farbe, wohlgemerkt. Trotzdem macht er keinen Hehl daraus, dass es auch der Inspiration diene, wenn er den Rest seiner „Farbflascherl“ beim Malen konsumiere. Am liebsten malt er mit dem „Arachon“. Dieser edle Rote gilt als Lebenswerk der drei Winzerfamilien Pichler, Szemes und Tement. Horak habe aber auch schon ein Auftragswerk aus einem 1974er Lafite gemalt. Viele Weinliebhaber konsumierten Weine nämlich nicht nur, sondern konservierten sie auch künstlerisch. Da biete sich sein System natürlich an. Kürzlich erschien deshalb ein kurzer Bericht über Horak im „Wall Street Journal“.
Motive lasse er sich bei Auftragsarbeiten aber nicht vorschreiben. „Ich habe meinen Stil. Wo Horak draufsteht, ist auch Horak drin“, sagt er. In der Regel kriege der Kunde ein Bild mit Humor und einem Schuss Erotik. Außerdem gebe es grundsätzlich eine Anarchie der Weinflecken, die seine Kunst so spannend machten.
Für Bilder in der Größe von 50 mal 70 Zentimeter werden Preise von 590 Euro bezahlt. Nach oben hin seien den Preisen freilich keine Grenzen gesetzt. Kein Wunder, dass immer mehr Sammler Weinflecken heute mit anderen Augen sehen. Denn die wüssten inzwischen: „Nicht nur im Wein, auch im Weinfleck liegt Wahrheit“, sagt Horak.