ARIANE GRABHER
Bregenz (VN) Mit dem Holocaustmahnmal in Wien realisierte Rachel
Whiteread (geb. 1963), deren Thema das Verkehren negativer Hohlräume
in positive Formen ist, ein viel beachtetes Werk. Dennoch ist
"Walls, Doors, Floors and Stairs" im Kunsthaus Bregenz die erste
Einzelausstellung der britischen Künstlerin in Österreich.
Das Warten scheint sich gelohnt zu haben. Die Schau, die mit
Ausnahme der 14-teiligen Serie von Tür-Abgüssen zwar mehrheitlich
auf bekannte Werkgruppen zurückgreift, überzeugt. Dass als Abgüsse
just jene Bestandteile zu sehen sind, die ein Haus ausmachen, spielt
im aus Beton gegossenen Zumthor-Bau, wo sich Werk und Künstlerin
sichtlich wohl fühlen, eine besondere Rolle. Whiteread lädt den
Minimalismus, an den ihre Werke erinnern, mit Emotionen und
Erinnerungen auf, in ihren Gussstücken mumifiziert sie "die Stille
im Raum".
Menschliches Maß
Zwischen Leere und Fülle bringt die inverse Ästhetik der
Künstlerin weniger die Welt zum Verschwinden, als dass sie den
Betrachter erleben lässt, was Raum ausmacht.
Das menschliche Maß, das die Künstlerin ihrer Arbeit stets
zugrunde legt, beschwört den Körper herauf und leistet in Sachen
Annäherung wertvolle Hilfestellung. Zwischen Leere und Fülle spielt
sich auch die Präsentation ab, die neben der Treppe im Foyer drei
Bodenabgüsse, die neue Serie der Türabgüsse sowie die Skulptur "
Untitled (Room 101)" zeigt. Während " Room 101" , als mächtiger
Abguss des Londoner BBC-Büros von George Orwell, eine ganze Etage
einnimmt, sind die 14 Türen in der Etage darunter an zwei Wänden
versammelt und der Restraum bleibt leer.
Malerisch
An die Wand gelehnt, mit reduzierter Farbpalette operierend,
wirken die Türen, ihrer Funktion beraubt und in die scheinbare
Nutzlosigkeit transformiert, sehr malerisch. Doch im Aufspüren all
der Indizien, wie der Löcher in den Wänden, den Spuren auf dem Boden
oder der Abdrücke der Möbelstücke, tut man sich erheblich leichter,
wenn man weiß, dass zum Beispiel der weiß patinierte Boden ein
Abguss aus dem Münchner Haus der Kunst ist, das besagte Büro jenes
von Orwell war oder die Treppe aus dem Haus der Künstlerin selbst
stammt. Erst dann geben die letztlich unergründlichen Setzungen
zumindest einen kleinen Teil ihres Geheimnisses preis und laden ein
zu intimen Erfahrungen, die um Erinnern und Vergessen, um Verlust
und Tod, um Privatheit und Öffentlichkeit kreisen.