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Frau Sacher-Masoch kehrt zurück: "Wanda SM"- Projekt in Graz

"Masochismus" in allen seinen Erscheinungsformen bestimmt ab Ende April einen erheblichen Teil des Grazer Kulturgeschehens.

Graz (APA) - Neben der Ausstellung "Phantom der Lust" in der Neuen Galerie startet am 24. April im Rahmen von "Graz 2003" ein Kunstprojekt, das u.a. das Glockenturmverlies im Schlossberg zu einem Austragungsort heftiger Obsessionen werden lässt. Im Zentrum des Projektes der Künstlerin Irene Andessner steht die erste Ehefrau jenes Mannes, der schon zu Lebzeiten zum "Urtyp des Masochisten" erklärt wurde, Angelica Aurora Rümelin (Wanda SM).

Angelica Aurora Rümelin (1845 bis vermutlich 1908) war für ihren Mann Leopold von Sacher-Masoch das Vorbild für die von ihm geschaffenen Romanfigur "Wanda" in dem Roman "Venus im Pelz" - heute ein Klassiker der erotischen Literatur. In ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit diesen beiden Frauenfiguren schlüpft die Salzburger Künstlerin Irena Andessner immer wieder selbst in die Rolle der beiden Frauen und wirft Fragen zum Verhältnis von Künstler und Muse, Mann und Frau, Sexualität und Gewalt auf.

Das Kunstprojekt kulminiert in einer Videoinstallation im Grazer Dom im Berg mit einer Live-Schaltung in das ehemalige Glockenturmverlies: Dort eingeschossen, wird der polnische Künstler Piotr Dluzniewski (geb. 1952 in Lodz) Fetischzeichnungen von seiner "Herrin" Wanda SM anfertigen. Dem literarischen Vorbild "Wanda" folgend, wurde das Arbeitsverhältnis zwischen den beiden vertraglich definiert: So hat der Zeichner seine Arbeit täglich nach der Erlaubnis seiner "Herrin" zu beginnen, jederzeit allen Anweisungen zu folgen und keinerlei Rechte als Künstler geltend zu machen. Im Gegenzug dazu verpflichtet sich Andessner dazu, ihren Partner "gelegentlich auszupeitschen oder auspeitschen zu lassen". Die bildnerischen Ergebnisse dieses Prozesses werden neben der Live-Schaltung im Dom im Berg zu sehen sein.

Parallel zu dieser einmonatigen Aktion wird Andessner historische Plätze, die im Leben der Sacher-Masochs eine Rolle gespielt haben, wie beispielsweise Wandas "Geburtshaus" in der Leonhardstraße sowie literarisch belegte "Spielorte" wie das Opernhaus künstlerisch bespielen.

Zusätzlich wird eine Präsentation von Fotografien und Leuchtbildern, die im Vorfeld des Projektes bereits bei Andessners Wiener "Wanda SM"-Auftritten entstanden sind, stattfinden. Außerdem wird im Hotel Erzherzog Johann das "Wanda SM"-Zimmer eingerichtet, das Andessner mit Leuchtkästen, Fotografien und Wanda-Accessoires als dauerhafte - auch zu buchende Einrichtung - konzipiert hat.

"Wanda SM" von Irene Andessner. Eröffnung am 24. April 2003 im Dom im Grazer Schlossberg. Bis zum 25. Mai. Mo-So 10-18, Do 10-21 Uhr.
2003-04-17 13:44:09