Feministische Anprobe in Rom

22. Februar 2010, 18:19
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    Gewaltvolle Anpassungen, die Gesichtsmerkmale verzerrend: "Untitled (Glass on Body Imprints)" von Ana Mendieta (1972).

In den 1970er-Jahren beanspruchten Künstlerinnen Raum in einer männerdominierten Kunstszene: Die Sammlung Verbund stellt ihre feministischen Schwerpunkte aus dieser Zeit nun in Rom vor

Rom, Ewige Stadt. Ein Beiname, in dem bereits mitschwingt, dass sich manches nie ändert. In gewisser Weise sind solche stabilen Zustände auch irgenwie beruhigend. Verwunderlich ist allerdings die Tatsache, dass jegliches Anstreifen von Themen, die das religiöse Empfinden beleidigen könnten, tunlichst vermieden oder weggesperrt oder auf geduldige Buchseiten verbannt wird.

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So biss Gabriele Schor, Leiterin der Sammlung Verbund, mit ihrem Ansinnen auch auf Granit: Sie wollte Hanna Wilkes Serie Super-T-Art (1974) im Rahmen der Ausstellung Donna: Avanguardia femminista negli anni '70 in Rom zeigen. In dieser Fotoserie verwandelt sich die Künstlerin in einer Art Metamorphose von der keusch bedeckten Maria Magdalena zur Jesus-Figur in Kreuzigungspose, das Tuch auf die Lenden herabgerutscht.

Herkules als Patron

Jesus mit Brüsten, so etwas geht in Italien gar nicht. Aber bevor die Präsentation der österreichischen Privatsammlung in der Galleria Nazionale d'arte moderna allein wegen dieser Arbeit in die Medien kommt, ist sie doch besser nur im Katalog aufgehoben. Bis Mitte Mai ist die sehr luftig arrangierte Schau in den weiten, lichten Sälen des neoklassizistischen Tempels der Schönen Künste zu sehen. Im Museum am Rande der Gärten der Villa Borghese dominiert die Malerei des 19. Jahrhunderts, zeitgenössische Akzente setzten etwa Ausstellungen von Lucio Fontana (2008) oder Cy Twombly (2009). An diesem Ort auszustellen sei "eine großartige Auszeichnung der Sammlung" , sagt Verbund-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Anzengruber bei der Pressekonferenz vergangenen Donnerstag. Und diese - der Teufel sitzt im Detail - fand im wunderbaren Canova-Saal des Hauses statt, justament unter dem riesigen, den Lichas ins Meer schleudernden Herkules - also unter einem muskelspielenden Hohelied der Männlichkeit. Eine herr-liche Kulisse im reinsten Wortsinn.

Mit den rund 200 Werken, darunter berühmte Positionen wie jene von Cindy Sherman, Francesca Woodman, Martha Rosler oder Valie Export, will Schor die "historische Vorreiterrolle" der Künstlerinnen der 1970er-Jahre untermauern, einer Dekade, wie die Kuratorin des Hauses, Angelandreina Rorro bekennt, "die es in Italien noch zu erkunden gilt."

Drängen auf Veränderung

Kunsthistoriker Lawrence Alloway diagnostizierte 1976: "Die Frauenbewegung in der Kunst kann als Avantgarde bezeichnet werden, da ihre Protagonisten in ihrem Drängen auf eine Veränderung der bestehenden sozialen Ordnung in der Kunstwelt vereint waren." Bezugnehmend auf Alloway möchte Schor den Begriff der Feministischen Avantgarde als Prädikat einführen und die "historischen Koordinaten der feministischen Kunstbewegung" um weniger bekannte Positionen erweitern: Für Österreich sind das etwa Renate Bertlmann und Birgit Jürgenssen, an deren internationaler Etablierung man intensiv arbeitet; für Deutschland etwa das Werk von Annegret Soltau.

Von Soltau ist bisher nur eine Arbeit in der Sammlung, jedoch soll sich das, wie zu vernehmen ist, baldigst ändern. Ebenso wie Wilke und viele andere Künstlerinnen ihrer Generation benutzt sie den eigenen Körper als Projektionsfläche: "Ich nehme mich selbst zum Modell, weil ich mit mir am weitesten gehen kann" .

In den 14 Selbstporträts von Self "bezeichnet" sich Soltau mit einem schwarzen Faden, der sie mehr und mehr umwickelt, sie zum Verschwinden bringt und sich verletzend in ihre Haut einschreibt. Neben den stillen Fotografien Helena Almeidas, den agressiveren Inszenierungen von Export und Bertlmann und den offensiven Performances von Susanne Lacy / Leslie Labowitz verdienen vor allem die Videos Aufmerksamkeit.

Hannah Wilkes Gestures (1974), das die willentliche Modellierung des menschlichen Ausdrucks anspricht, fällt ins Auge und auch eine Arbeit von Nil Yalter. Sie thematisiert in ihrem schlichten Video La femme sans tête ou la danse du ventre (1974), das muslimische Verbot sexueller Selbstbestimmtheit: "Die wahrhaftige Frau ist zugleich konvex und konkav" , schreibt sie, den Ethnologen René Nelli zitierend, untermalt von orientalischer Bauchmusik rund um ihren Nabel.

Besondere Beachtung verdient neben frühen, noch nie präsentierten, aber dem Prinzip ihrer Rollenbilder entsprechenden Fotografien Cindy Shermansas auch ihr Film Doll Clothes (1975): Eine flache, papierene Anziehpuppe probiert ein ums andere Kleid mit Anstecklaschen, wird aber am Ende wieder nackt in ihr Plastikhüllengefängnis verbannt. Entdeckungsreich. (Anne Katrin Feßler aus Rom, DER STANDARD, Printausgabe 23.2.2010)

 

Info

Bis 16. Mai

druckenweitersagen:
politisch verfolgt
24.02.2010 02:31
kunst, die politik sein will

oder doch eher politik, die kunst sein will?
egal, schon vom ansatz her unsinn.

24.02.2010 10:17

unsinnig ist ihr post-da sie offenbar keine ahnung haben...tip-mal schlau machen und sich über die cultural studies informieren+politikbegriff ; )

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