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dieStandard.at | Kultur 
29. Mai 2009
19:41 MESZ

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Schwerpunkt Biennale von Venedig auf derStandard.at/Kultur

www.biennale09.at

www.labiennale.org

www.elkekrystufek.com

www.doritmargreiter.net

www.loisweinberger.net

 

Für den erotischen Blick von Frauen auf Männer gibt es wenig sogenannte Leitbilder, befindet Elke Krystufek. Mit ihren aktuellen Werken will sie an einer in diese Richtung veränderten Bildsprache arbeiten.


"You don’t want to be one of those Picabias you say", 2009
Acryl auf Leinwand
200x300cm


Krystufek interessiert Mann als Subjekt
Künstlerin thematisiert "kunsthistorisch eklatanten Mangel an Aktdarstellungen von heterosexuellen Männern durch heterosexuelle Frauen"

Wien - Elke Krystufek, Dorit Margreiter und Franziska & Lois Weinberger bestreiten die diesjährige 53. Kunstbiennale in Venedig im Österreich-Pavillion. Von den beiden Kommissärinnen VALIE EXPORT und Silvia Eiblmayr ausgewählt, sollen die ÖsterreicherInnen "mit verschiedenen, individuellen Strategien und dem Einsatz unterschiedlicher Medien eine vielfältige Sicht in die Kunst und künstlerische Wirklichkeit ermöglichen."

"Tabu" statt "Austria" steht auf der Fassade des heimischen Pavillons, und "Tabou Taboo" nennt Krystufek auch ihre Installation, die unter anderem als Kritik am nationalen Biennale-Gedanken zu verstehen ist. Margreiter setzt sich in ihrem Film "Pavilion" mit dem Gebäude selbst auseinander, während Franziska & Lois Weinberger den Pavillon um einen provisorischen Bau erweitern. Die Eröffnung findet am 5. Juni um 17 Uhr statt.

Frage nach der weiblichen Schaulust

Die multimedial agierende Krystufek verdichtet in ihrem direkt in Venedig entstandenen "Tabou Taboo" verschiedene Themen: Der Titel bezieht sich auf den auf Polynesien gedrehten Film "Tabu" (1931) von Friedrich Wilhelm Murnau, auf Freuds "Totem und Tabu" und den polynesischen Ursprung des Begriffs "Tabu" generell. Die Beschriftung an der Außenseite des Pavillons soll als "Angriff auf die Identität des Gebäudes" verstanden werden. Auch stellt sie die Frage nach einer "weiblichen Schaulust", der sich Krystufek experimentell und mit genderspezifischen Kriterien nähert.

Arbeit mit Körperlichkeit

Die Arbeit im Themenfeld Sexualität ist bei Krystufek nichts Neues: Der Umgang mit der Körperlichkeit ist zentral. So erregte Krystufek Anfang der 90er Jahre mit Performances, bei der sie etwa am Institut für Gegenwartskunst ihren nackten Körper bemalte oder öffentlich masturbierte, großes öffentliches Aufsehen. In zahlreichen Arbeiten setzt Krystufek auch ihren privaten Lebens- und Arbeitsbereich in Szene. Ihre erste große Einzelaustellung fand 2003 unter dem Titel "Nackt & Mobil" in der Sammlung Essl in Klosterneuburg statt, heuer waren ihre Arbeiten unter anderem in der Galerie Meyer Kainer ("the female gaze at the male or unmale man"), in der Galerie Nicola von Senger in Zürich oder in der Kestner Gesellschaft in Hannover zu sehen.

Bildsprache verändern

Die aktuellen Arbeiten in Venedig können als Fortührung des "female gaze at the male or unmale man" verstanden werden. Krystufek stellt dabei auf die Rolle des Manns als "Subjekt" ab: Sie interessiert "der kunsthistorisch eklatante Mangel an Aktdarstellungen von heterosexuellen Männern durch heterosexuelle Frauen" und befindet, dass diese Einseitigkeit viel über Hierarchien aussagt. "Der nackte Mann als öffentliches Bild ist generell sehr selten anzutreffen, es gibt auch fast keine männlichen Prostituierten, die auf Frauenwünsche spezialisiert sind und für den erotischen Blick von Frauen auf Männer gibt es wenig sogenannte Leitbilder. Die Arbeit in Venedig ist also als Beispiel einer veränderten Bildsprache zu diesen Themen gedacht", sagt die Künstlerin im APA-Interview.

Absurde Positionierung

Ihr Verhältnis zu den Tabus in Österreich enstehe in erster Linie aus ihrer Perspektive als "weiße, heterosexuelle, mitteleuropäische, feministische, erfolgreiche Künstlerin". Damit sei sie als Person bereits extrem codiert, "denn von meiner Sorte gibt es sehr wenige in diesem Land." Und damit passiere auch die Ansprache an sie - in einer ebenfalls hierarchischen Weise: "Von KünstlerInnen wird meistens erwartet, dass sie die Antworten geben, die sich NichtkünstlerInnen nicht selbst geben können. Ich fand das immer absurd." (APA/red)

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