Die Museen huldigen dem Kommerz
Ausgliederung. 1999 wurde begonnen, die Bundesmuseen aus staatlicher Verwaltung zu entlassen. Zwei Studien ziehen Bilanz.
Hedwig Kainberger Wien (SN). Zehn Jahre nach Beginn der Entlassung der Bundesmuseen in die rechtliche Selbstständigkeit sind deren Eigeneinnahmen kräftig gewachsen. Zu diesem Ergebnis kommen zwei Studien über die Ausgliederung von Kulturbetrieben aus der Staatsverwaltung.
Die Ausgliederung der Museen der Republik begann 1999 mit dem Kunsthistorischen Museum und wurde 2002 mit dem Museum Moderner Kunst und der Nationalbibliothek beendet. Seither haben die Bundesmuseen ihre Eintrittspreise erhöht, sie haben Museumsshops und -cafés eröffnet und Sponsoren gefunden. Zugleich hat der Staat als Eigentümer zwar viel in die Gebäude investiert, doch die Subvention gedrosselt. Von 2001 bis 2008 war die Subvention eingefroren, also nicht einmal die Inflation wurde abgegolten.
Die Besucherzahlen sind für alle Bundesmuseen von gut 2,9 (1998, dem Jahr vor der Ausgliederung) auf knapp 3,8 Millionen (2007) um 27 Prozent gewachsen. Doch vergleicht man Gleiches mit Gleichem, rechnet also Daten für die 2002 eröffnete Nationalbibliothek und die 2003 eröffnete Albertina heraus, ergeben sich bloß plus zwei Prozent (auf drei Millionen für 2007), obwohl es mehr Sonderausstellungen denn je gegeben hat.
In den beiden Studien sind ähnliche Fazits: „Durch die Ausgliederung fand keine inhaltliche und organisatorische Verbesserung statt, sondern eine Kommerzialisierung“, resümiert Heimo Konrad von der „GQ Kulturberatung“. Peter Tschmuk vom Institut für Kulturmanagement schreibt: „Die neu gewonnene Autonomie wurde von allen Häusern genutzt, um die Preise kräftig anzuheben, was sich zwar insgesamt positiv auf die Erlössituation ausgewirkt hat, aber in einigen Fällen auch einen Besucherrückgang zur Folge hatte.“
Die Vermutung liegt nahe, dass dieser Besucherrückgang vor allem die Österreicher betrifft. Beispiel Kunsthistorisches Museum: Dort ist der Anteil der Österreicher von 38,5 Prozent (2001) auf 29 Prozent (2008) geschrumpft.
Ein Wachstum des Ausländeranteils im Museumspublikum lässt sich auch aus der Zahl der ausländischen Gäste in Wien folgern: Die schnellte von 2002 bis 2008 um vierzig Prozent von 2,5 auf 3,5 Millionen. Und in einer Gästebefragung gaben 72 Prozent der Wien-Touristen an, Museen oder Ausstellungen zu besuchen. Peter Tschmuk: Die ausgegliederte Muse, Studien Verlag, Innsbruck 2009. Heimo Konrad: Museumsmanagement und Kulturpolitik am Beispiel der ausgegliederten Bundesmuseen, Facultas Universitätsverlag, Wien 2008.