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Raimund Locicnik
Schloss Zell an der Pram
Von Raimund Locicnik

Wer schon einmal die B137 von Schärding nach Grieskirchen befahren oder sich kulturellen Bildungsfragen gewidmet hat, wird den markanten, kastenförmigen Bau auf halber Strecke kennen, der gemeinsam mit der Kirche das Ortsbild von Zell an der Pram prägt. Das nach außen hin relativ nüchtern anmutende Gebäude ist in Wirklichkeit ein Schloss und beherbergt seit 1979 das Landeszentrum für Erwachsenenbildung.

In den fast 900 Jahren seines Bestehens hat das Bauwerk eine wechselvolle Geschichte erlebt. Um 1140 ließen die "Herren von Zell" am rechten Ufer der Pram eine Burg erbauen, aus der in der Folge ein Wasserschloss entstand.

Um 1760 beschloss der Besitzer, Graf Josef Ferdinand von Tattenbach, das Anwesen grundlegend erneuern zu lassen, und beauftragte dafür niemand Geringeren als den Münchner Hofbaumeister Francois de Cuvilliés d. J., der unter anderem am Bau von Schloss Amalienburg beteiligt war.

Vermutlich auf seine Vermittlung kam der ebenfalls am Münchner Hof tätige Freskant Johann Christian Wink nach Zell, um die Räume des Herrschaftssitzes auszumalen. Der heute in einem Atemzug mit den berühmten Brüdern Asam und Ignaz Günther genannte Künstler erlernte ursprünglich das Schusterhandwerk, ehe er zur Malerei fand.

Mit seinen Werken in Zell an der Pram (1771 - 72) erreichte er die Blüte seines Schaffens und auch den Höhepunkt in seiner Hinwendung zur Lebensfreude des Rokoko, die er bald darauf zugunsten einer kühlen, klassizistischen Malweise aufgab. Im riesigen Deckenbild des Festsaales verbindet Johann Christian Wink überschwängliche Sinnlichkeit mit virtuoser Ausdruckskraft. Während in der Mitte des Freskos Apollo auf seinem von vier Sonnenpferden gezogenen Wagen dahinstürmt, um die Nacht zu vertreiben, erhellt das ihm folgende Licht die "Freuden des Landlebens". In nahezu paradiesischer Harmonie und Leichtigkeit tummeln sich unzählige, teils erotisch-kokette Figuren auf diesem gemalten Himmelszelt, um sich der Musik, dem Tanz, dem Spiel, der Jagd und allen sonst erdenklichen Musen hinzugeben.

OÖnachrichten vom 02.01.2007
 
   



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