Salzburger Nachrichten am 4. Februar 2006 - Bereich: Kultur
Entzündete Farbe

Das Grazer Kunsthaus vereint Maria Lassnigs Malerei mit Skulpturen der US-Künstlerin Liz Larner. Die SN sprachen mit Lassnig über ihre Kunst, Konzentration und Kärnten.

MARTIN BEHRGRAZ (SN). Modischer Mantel, bunte Hose, lässige Turnschuhe: In ihrem Äußeren verweigert sich die 87-jährige Malerin Maria Lassnig gängigen Konventionen. Radikal ihren eigenen Weg geht die aus der Kärntner Gemeinde Kappel am Krappfeld stammende, in Wien lebende Künstlerin auch in ihrer Malerei.

Das Kunsthaus Graz präsentiert seit Freitag neue Arbeiten von Maria Lassnig und setzt diese in einen Dialog mit Arbeiten der US-Bildhauerin Liz Larner. Der Titel? "Zwei oder Drei oder Etwas". "Anfangs war ich skeptisch, aber ich habe den Kuratoren Peter Pakesch und Adam Budak vertraut", sagt die Künstlerin. Beim Nachsatz hat sie ein Lächeln auf den Lippen: "Wobei meine Arbeiten, die ich vor 40, 50 Jahren gemacht habe, vielleicht besser zu Larners Werk gepasst hätten."

Maria Lassing malt Körpererfahrungen. Sie präsentiert "3 Arten zu sein" auf grellgelbem Hintergrund, variiert das "Ich bin ein Anderer"-Thema im humorvollen Doppel-selbstporträt "Eiserne Jungfrau und fleischige Jungfrau" oder verarbeitet das "ständig steigende Bedrohungspotenzial" in einer famosen Aktdarstellung und zwei Revolvern: "Du oder ich".

"Je älter ich werde, desto weniger Illusionen habe ich", sagt die in Wien lebende Künstlerin. Pessimismus als Folge des fortgeschrittenen Alters? "Ja freilich, es beginnt beim Umstand, dass die alten Weibeln eben mehr überfallen werden, und reicht bis zu der Fülle an Weltkatastrophen: Das ist nicht so lustig."

In ihren Empfindungsbildern spart Lassnig den Umraum oft brutal aus. Kein Hintergrund, keine Atmosphäre, dafür "mit Farbe voll gefüllte Figuren". "Ich kann in der Farbe schwelgen wie eine Zigeunerin", betont die Grande Dame der heimischen Malerei. Und: "Da ich aber auch Philosophin bin, starre ich auf einen Fleck, bis sich die Farbe im Auge entzündet oder verwandelt."

Dass sie heute eher figurativ statt abstrakt arbeitet, habe Konzentrationsgründe, sagte sie. Die Realität sei aber stets verwandelt abgebildet. Ständige Begleiter der Öl-auf-Leinwand-Selbstbefragungen seien Humor, Poesie und Zweifel.

Die Ortstafeldiskussion, andere Politverirrungen und das Museumsdebakel in ihrer alten Heimat verfolgt sie mit Bedauern: "Das ist schade für ein Land mit so vielen guten Künstlern."

Was Lassnig und Liz Larner verbinde, sei der Versuch, Bahnen der Subjektivität zu zeichnen, erläutert das Kuratorenduo. "Hier stellt Körperlichkeit ein Universum dar, in dem der politische, kulturelle und formale Rahmen neu definiert wird." (Bis 7. Mai)