27.08.2003 19:23
Liebe in 21 Positionen
Der
Bregenzer Kunstverein macht in seiner Ausstellung "Love" das Thema Liebe
sichtbar - Foto
Wenig Erotisches, gelegentlich Porno- grafisches, häufig
Nachdenkliches über Zärtlichkeit und Romantik in der Ausstellung "Love".
Bregenz - Die Kunst und die Liebe sind ungleiche Schwestern. Wo die Kunst
Abstand hält, verringert ihn die Liebe. Die Liebe könnte man ebenso wie die
Kunst als einen egoistischen Akt der Entäußerung bezeichnen, der allerdings zu
seiner Wirksamkeit eines Partners bedarf. Nämlich hier den Geliebten und dort
den Betrachter. Während der Geliebte im Idealfall aus Fleisch und Blut besteht,
selbst agieren kann, bleibt der Kunstbetrachter in der Regel passiv.
In
der Ausstellung LOVE trifft dabei dürre Abstraktion auf die Intensität des
prallen Lebens.
Das Werk von Markus Sixay (Berlin) lässt den Besucher
ratlos zurück: ein Bildschirm, in dem im Zweisekundentakt ein Licht aufblitzt.
Eine karge Performance, bei der nicht einmal der Katalog Aufschluss geben kann:
Damit sei das Vergängliche in der Liebe symbolisiert. Ähnlich das Werk von Ugo
Rondinone. Drei Videoloops auf je einem Bildschirm: Eine Frau öffnet und
schließt eine Türe, ein Mann geht, ein Frauenrücken bewegt sich. Dazu
Musik.
Erklärung: ". . . nichts muss geschehen im amourösen Zustand der
Affäre mit dem Leben und der Kunst." Ein Irrtum. Irrtum auch bei Annie Sprinkle,
die meint, ihre ausgestellten Pornobildchen würden mit ihrer Unterschrift zur
Kunst aufgewertet.
Heike Weber aus Köln zeigt, wie es geht. Sie benutzt
eine gummiartige Fenstermalfarbe, mit der sie die Kontur eines Astronauten an
die Wand pinnt. Dazu erzählt sie auf CD die Geschichte von Amor und Psyche.
Lustig die Exponate der Bewegung Nurr. Das Berliner Trio zeigt u. a. ein
Video, in dem ein Kokser seine Line in Form des Schriftzuges LOVE
aufzieht.
Eines der Highlights ist aber das Video I.K.U. der Japanerin Su
Lea Cheang ("This is not Love, this is Sex"). Ein Sciencefiction-Streifen über
die "Genom Corporation", eine Gesellschaft, die einen "Orgasmus-Kodierer"
vertreibt. Die Firma erreicht schließlich mithilfe ihrer Replikanten die globale
Marktführerschaft im Sexbusiness. Da steckt eine Menge drin: eine Geschichte(!),
die grellen Bilder japanischer Popästhetik, handfeste erotische Szenen ebenso
wie eine Reihe von Anspielungen auf US-Filme (Blade Runner etc.). Die
Ausstellung im Palais Thurn und Taxis und im Magazin 4 lässt den Betrachter
nicht unbeteiligt. Sie befriedigt die Sehlust und ärgert. Sehr empfehlenswert.
(DER STANDARD; Printausgabe, 28.08.2003)