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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
02.06.2002
20:40 MEZ
Badewanne soll kleinste Stadt beleben
Tirol: Skulpturen im aussterbenden Rattenberg

"Die magnetisierte Stadt - Stahlskulpturen von Alois Schild 1985-2002",

bis 14. Juli
in Rattenberg.
 

Rattenberg - Eine riesige, rostige Badewanne in einer Mauernische. Ein paar Meter entfernt ein seltsamer, blau und gelb lackierter Tisch, der eine Zufahrt in den Kern der mittelalterlichen Stadt blockiert. In den verträumten Gassen von Rattenberg hat Alois Schild Metallskulpturen ausgestellt, die einen Querschnitt seiner Arbeiten aus 17 Jahren darstellen. Franz Wurzenrainer, Bürgermeister der kleinsten Stadt Österreichs, hat sich auf das Experiment eingelassen und es gemeinsam mit dem Kustos des örtlichen Augustinermuseums Hermann Drexel realisiert.

"Rattenberg ist ein Potemkinsches Dorf", meint Drexel und verweist auf die seit einigen Jahren zur Fußgängerzone umgestaltete Hauptstraße, in der sich Gasthäuser, Läden mit Touristenkitsch und die Werkstätten von Glasgraveuren abwechseln. In der Sommersaison fallen Touristen busweise in Rattenberg ein, bleiben kaum länger als zwei Stunden, am Abend und erst recht im Winterhalbjahr wird es sehr still in Rattenberg.

Die Skulpturen von Alois Schild tragen oft lange, poesievolle Namen. Die beiden eingangs erwähnten etwa heißen "Die Badewanne der schönen Sinderella" oder "Archipel der Schlafwandler". Wie die meisten seiner Arbeiten entziehen sie sich geradliniger Interpretationen. Ihm sei es um eine Symbiose zwischen den Häusern und seinen Skulpturen gegangen, meint Schild, und nicht um die Möblierung einer Kulisse.

In Rattenberg stehen viele Häuser leer. Seit 1951 hat sich die Einwohnerzahl auf 439 halbiert. Im Schatten des Schlossberges gibt es hier im Winterhalbjahr monatelang keinen Sonnenstrahl, die Stadt läuft Gefahr, nur noch Museum zu sein. Dieser Tendenz wird nun ausgerechnet mit einer Ausstellung entgegengetreten.
(hs/ DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3. 6. 2002)


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