100. Geburtstag von Max Weiler

Im Einklang mit dem Zufall

16. März 2010, 18:08
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    "Im Wald" (1968-69), Eitempera auf Papier und Sperrholz: Max Weiler trieb die Malerei stets mit einer enormen Skepsis gegenüber dem jeweiligen Zeitgeist voran.

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    Max Weiler hätte am 27. August 100. Geburtstag.

Mumok-Direktor Edelbert Köb versucht im Essl-Museum mit "Max Weiler - Die Natur der Malerei" eine Neubewertung des Malers

Klosterneuburg - So umfassend Max Weilers Werk auch dokumentiert ist und sein Leben in den letzten drei Jahrzehnten - bis hin zu den privaten Aufzeichnungen in seinen "Tag- und Nachtheften" - transparent gemacht wurde, so sehr scheint eine Neupositionierung des österreichischen Malers angebracht, ja notwendig zu sein.

Bisher wurden Reichtum und Fülle im annähernd 70 Jahre andauernden Schaffen des Tirolers betont, der das heilige Land überwinden wollte; wurde das Frühwerk dem Vergessen entrissen und das Spätwerk mit einer Aufmerksamkeit bedacht, die Weiler selbst noch miterleben durfte. Doch die Rezeption blieb in einem nationalen Kontext verhaftet, zugunsten der Gesamtschau wurden kaum Höhepunkte eingegrenzt.

Mumok-Direktor Edelbert Köb versucht das jetzt als Kurator außer Haus: Im Essl-Museum hat er Die Natur der Malerei destilliert, Max Weilers Zyklus Wie eine Landschaft (1962-67) noch einmal zusammengeführt, erneut betrachtet - und mit Objekten konfrontiert, von denen sicher anzunehmen, doch kaum zu glauben ist, dass Weiler sie nie gesehen hat. Die chinesischen Literatensteine (zur Verdichtung ihres bizarren Charakters dezent nachbearbeitete Fundstücke aus der Natur) stehen mit Weilers Schöpfungen (die ab diesen Jahren nicht mehr nach der Natur angelegt wurden, sondern vielmehr in einem Selbstverständnis parallelen Schöpfens mit den malerischen Methoden des Fließens, Verkarstens, Erstarrens, Überlagerns) in frappanter Übereinstimmung.

Edelbert Köb: "Die Resultate zweier scheinbar völlig unterschiedlicher Fragestellungen, nämlich der nach dem Wesen der Malerei durch Weiler und der nach dem Wesen der Natur durch chinesische Gelehrte, sind von verblüffender ‚Familienähnlichkeit‘, weil aus kosmologischer Welterfahrung gewonnen." So wie Natur und Kultur scheinen also auch die Fragen nach der Natur der Malerei und jener nach dem Wesen der Natur untrennbar miteinander verbunden.

Und noch ein zweiter Aspekt, ein glücklicher Zufall, gab (neben dem Jubiläum) den Ausschlag, eine Neubetrachtung zu versuchen: Die Kunsthistorikerin Margret Boehm transkribierte Weilers schriftliche Aufzeichnungen; im Atelier entdeckte sie im scheinbar Nebensächlichen, im Müll, den wegzugeben nur Pietät verhindert hat, Belege für eine bis dato nicht vermutete Vorgangsweise des Malers - und damit eine im besten Sinn "moderne" Methode.

Internationale Zeitgenossen

Auf Schmierpapieren und Fetzen, die Weiler benutzte, um Pinsel abzuwischen, um Farbmischungen zu testen und um das Verhältnis von Pigment und Bindemittel festzulegen, fand sie Markierungen. Mit Bleistift hervorgehobene Details aus dem Chaos von Flecken und Fahrern, die zum Teil exakt den Kompositionen auf ausgeführten Leinwänden entsprachen.

Weiler, der das Vorantreiben der Malerei stets mit Meisterschaft im Technischen und einer enormen Skepsis gegenüber dem jeweiligen Zeitgeist gleichgesetzt hat, öffnete sein Werk also dem Zufall. Weil er das gleichzeitig mit Künstlern in den USA, Japan und Europa machte, leitet Köb Verwandtschaften mit internationalen Zeitgenossen ab; er versucht Weiler in deren Kontext zu sehen - und damit aufzuwerten. Weiler selbst hat diesen methodischen Wechsel nur höchst selten angesprochen: "Warum verfahre ich so? Weil es Dinge sind von mir und doch nicht von mir und ich sie in großem Maße meinen Bildgesetzen unterwerfen kann. Natur und doch in unbewusster Verbindung mit meinem Wesen." (Markus Mittringer/DER STANDARD, Printausgabe, 17. 3. 2010)


Eröffnung: 18. 3., bis 29. 8.

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