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Kunstberichte
Der Bildhauer verstarb 81-jährig in Wien

Alfred Hrdlicka ist tot

Alfred Hrdlicka 1928 - 2009.

Alfred Hrdlicka 1928 - 2009. (© APA / Roland Schlager)

Von WZ Online

Aufzählung Schmied: Hrdlicka war ein "Titan der internationalen Kunst".

Wien. Alfred Hrdlicka, einer der wichtigsten zeitgenössischen Bildhauer, Zeichner und Maler Österreichs, ist tot. Der Künstler starb am Samstag 81-jährig in Wien. Sein Lebenswerk wurde von Bundespräsident Heinz Fischer, Bildungs- und Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ), Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) gewürdigt.

Aufzählung Der Berserker mit dem Hammer

Fischer erklärte in einer Aussendung, Österreich verliere "eine große Künstlerpersönlichkeit".

Sein Werk, das auch international höchste Beachtung erlangt habe, sei immer künstlerisch und politisch geprägt und von gesellschaftlichen Idealen erfüllt gewesen. "Mit Alfred Hrdlicka ist ein großer Künstler verstorben, dem ich auch persönlich sehr verbunden war und dem ich viele interessante Begegnungen und Erläuterungen seines Werkes verdanke. Österreich und die gesamte Kunstwelt werden Alfred Hrdlicka ein dauerhaftes und ehrendes Andenken bewahren", so Fischer.

Bereits als Kind habe Hrdlicka die Schrecken des Faschismus erlebt, "was zur Folge hatte, dass er sich Zeit seines Lebens gegen Faschismus und Antisemitismus engagierte". Als Lehrer an der Hochschule für angewandte Kunst habe er zahlreichen jungen Künstlerinnen und Künstlern die Faszination der Bildhauerei vermittelt und auch damit einen wichtigen Beitrag zum zeitgenössischen Kunstschaffen geleistet, betonte der Bundespräsident. In Wien sei mit Hrdlickas Mahnmal auf dem Albertinaplatz ein bleibender Gedenkort gegen Krieg und Gewalt geschaffen worden.

Schmied sprach von einem "Titan der internationalen Kunst". Sein Werk sei immer mehr als Erinnerung und Mahnung gegenüber historischem Unrecht gewesen. "Er verstand seine Kunst auch als politischen Auftrag , den er selbst immer auch lebte".

Häupl zeigte sich "tief betroffen". Hrdlicka sei "einer der herausragendsten Künstler Österreichs" gewesen und "zählte über die Landesgrenzen hinaus zu den bedeutendsten Realisten der Bildhauer-Kunst der Gegenwart". Wien verliere nicht nur einen großen Künstler, sondern auch eine starke Stimme gegen den Faschismus. Auch Mailath hob hervor, dass der Verstorbene dazu beigetragen habe, "dass die Verbrechen des Nationalsozialismus nicht in Vergessenheit geraten - so wie seine antifaschistische Haltung in allen seinen Arbeiten klar zum Ausdruck kam".

Immer wieder hat sich Hrdlicka in seinem Skulpturen, Zeichnungen und Grafiken umfassenden Werk mit Themen wie Krieg, Gewalt und Faschismus auseinandergesetzt und sich als streitbarer Realist und Kommunist in politischen Debatten zu Wort gemeldet. Er galt als sensibler Berserker, bezeichnete sich selbst als "Fossil", "Steinzeitmensch" und "Untergrundmensch" und unterzeichnete Briefe gerne mit "Ultrastalinist".

Hrdlicka soll zwar "Turteltaube" heißen, doch als zahm und sanft erwies sich der Künstler weder in seinen Themen noch in der Wahl seiner Materialien. In Erinnerung ist auch das im Laufe des Präsidentenwahlkampfes 1986 von Hrdlicka kreierte hölzerne "Pferd für Kurt Waldheim".

Hrdlicka konnte bereits seit einigen Jahren nicht mehr eigenhändig an Skulpturen arbeiten, er habe sich "zu Tode geschunden". Dennoch plante der kontroversielle Bildhauer neue Projekte, etwa ein neues Werk auf dem Albertinaplatz. Dieser Platz in der Wiener Innenstadt ist wohl untrennbar mit dem Namen Hrdlicka verbunden, seit dieser dort sein umstrittenes Denkmal gegen Krieg und Faschismus verwirklicht hat (1988/91).

Die Aufstellung seiner Skulpturen im öffentlichen Raum war allerdings meist von heißen Diskussionen begleitetet: 1963 erregten sich die Gemüter in Salzburg, nachdem sein "Orpheus" für das Kleine Festspielhaus angekauft worden war. 1967 versammelte sich eine "Liga gegen entartete Kunst" zum Protest gegen das in Wien enthüllte "Renner-Denkmal" Hrdlickas. 1970 entstand für ein Evangelisches Gemeindezentrum in Westberlin der "Plötzenseer Totentanz". In Hamburg sorgte sein monumentales "Gegendenkmal" zum Krieger-Ehrenmal für heiße Diskussionen.

Wie sehr der Künstler polarisierte zeigte erst im Vorjahr wieder die Hrdlicka-Ausstellung "Religion, Fleisch und Macht - das Religiöse im Werk von Alfred Hrdlicka" im Wiener Dommuseum, das sich für die Schau Anfeindungen aus aller Welt gefallen lassen musste. Und Kardinal Christoph Schönborn bezeichnete Hrdlicka zwar als einen der bedeutendsten lebenden Künstler Österreichs, ließ aber dessen Version des "Letzten Abendmahls" prompt abhängen.

Lebensweg

Alfred Hrdlicka wurde am 27. Februar 1928 in Wien geboren. Nach Absolvierung einer Zahntechnikerlehre begann er an der Akademie der bildenden Künste zunächst Malerei bei Albert Paris Gütersloh und Josef Dobrowsky zu studieren, ehe er mit Diplom als akademischer Maler in die Bildhauerklasse von Fritz Wotruba eintrat, um 1957 auch als Bildhauer akademische Ehren zu erwerben. Seiner ersten Skulpturenschau 1960 (gemeinsam mit Fritz Martinz) in der mittlerweile abgerissenen Zedlitzhalle in Wien folgten Ausstellungen im Wiener Künstlerhaus und in der Galerie Welz in Salzburg.

1964 war er Vertreter Österreichs bei der Biennale in Venedig. Professuren führten ihn an die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart , die Hochschule für bildende Künste Hamburg, die Hochschule der Künste Berlin und schließlich 1989 an die Universität für angewandte Kunst Wien.

Als Bühnenbildner arbeitete er u.a. in Bonn ("Faust I und II", 1982) und Stuttgart ("Intolleranza", 1992). Im Jahr 2001 stattete er Christine Mielitz' Inszenierung des "Ring des Nibelungen" in Meiningen aus. Weiters zeichnete er für die Ausstattung der Salzburger Festspielproduktion von Zemlinskys "Der König Kandaules" derselben Regisseurin verantwortlich.

2006 wurde in Bonn eine von Hrdlicka gestaltete Plastik des Komponisten Robert Schumann enthüllt, im Mai dieses Jahres wurde eine von Hrdlicka geschaffene Skulptur der 1998 seliggesprochenen Ordensfrau Schwester Restituta Kafka in der Barbarakapelle im Wiener Stephansdom aufgestellt. Ehrungen nahm Hrdlicka prinzipiell nicht an. (APA)

Sonntag, 06. Dezember 2009

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