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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
26. November 2006
20:54 MEZ
Foto: Aron Demetz

Jesukind-Video "an der Grenze zur Pädophilie"?
Südtiroler Künstler wollte mit seinem Werk Spiritualität in die weihnachtliche Glitzerwelt bringen - Kunstkritiker regt Überstellung nach Mailand an

Wien - Ein Kurzfilm über das Jesukind sorgt derzeit in Bozen für helle Aufregung. Das berichtet das Onlineportal der römischen Tageszeitung "La Repubblica". ("Via dal Duomo quel Gesù bambino biondo e tutto nudo, attira i pedofili") Im Video zu sehen ist ein Bub, der blond, blauäugig und völlig nackt ist. Am Ende des Films streckt das Kind seine Arme aus und lässt den Kopf auf seine Brust fallen, so als ob es gekreuzigt worden wäre. Das Video soll während des Christkindlmarkts auf die Außenmauern des Bozner Domes projiziert werden.

Aufregung in Bozen

Laut "Repubblica" regte sich sofort nach einer Probeaufführung vor dem Diözesanrat vergangenen Donnerstag Widerstand. Der Bozener Vizebürgermeister Rudi Benedikter: "Ich bin schockiert. Das ist eine inakzeptable Kommerzialisierung der Kirche durch ein Kind, dessen Darstellung sich an der Grenze zur Pädophilie bewegt." Ähnlich argumentiert Paolo Renner, einer der profiliertesten Priester Südtirols: "Das ist eine pseudochristliche Präsentation im New-Age-Stil, die sehr weit weg von der Tradition und der Weihnachtsbotschaft ist", heißt es auf der Homepage der italienischen Tageszeitung.

Niemand im Diözesanrat hatte sich eine so große Aufregung erwartet. Man hatte das Video des jungen, bekannten Südtiroler Künstlers Aron Demetz kommissioniert und wollte mit Augenzwinkern den Besuchern des Christkindlmarktes begegnen, die jedes Jahr zur Adventzeit den Waltherplatz bevölkern. "Alle sind glücklich mit ihren Päckchen, doch der religiöse Konnex fehlt", erklärt Thomas Stürz von der Diözese Bozen.

Der Protagonist des Kurzfilms ist Egon, ein blonder Bub mit blauen, verschwommenen Augen und komplett unbekleidet. Er ist eingetaucht in nebulösen Überblendungen, die die Formen eher erahnen lassen, als dass sie gezeigt werden. Dieser "Nebel" wurde erst nachträglich eingefügt: Die Diözesanräte glaubten damit Polemiken zu verhindern.

Kunstkritiker als Fürsprecher für die Arbeit

Einen Fürsprecher findet das Werk laut "Repubblica" in Alessandro Riva, Kunstkritiker aus Mailand: "Wenn man in Bozen das letzte Video von Aron Demetz, einem Künstler von größter Sensibilität, für 'schockierend', 'beunruhigend', 'von schlechtem Geschmack' und sogar 'an der Grenze der Pädophilie' hält, dann sind wir hier in Mailand gerne bereit, das Werk aufzunehmen. Wenn es der Diözesanrat erlaubt, sogar im Inneren des Domes. Ich bin sicher, dass Erzbischof (Kardinal Dionigi) Tettamanzi ein so poetisches, delikates und die wahren christlichen Werte so intelligent interpretierendes Werk als perfektes Symbol für Weihnachten sieht", sagte Riva gegenüber "La Repubblica". Doch das Werk soll Südtirol nicht verlassen. Stürz bestätigt, dass es ab kommenden Donnerstag, dem Beginn des Bozener Christkindlmarkts, auf die Außenmauer des Domes projiziert werden wird.

Aber wer ist nun dieser "New-Age-Bub"? "Es ist ganz einfach mein Sohn", lächelt Demetz, der gegen seinen Willen zum Mittelpunkt der Polemik geworden ist. Er wollte laut "Repubblica" mit seinem Video nur dazu beitragen, ein wenig Spiritualität in die Glitzerwelt des Christkindlmarkts zu bringen. Eine Überstellung nach Mailand lehnt er ab. Das Video sei für Bozen konzipiert worden und müsse dort bleiben. (APA)


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