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Kunstberichte

Wahl zwischen Picasso oder Sarg

Am Samstag ist wieder "Lange Nacht der Museen" – ein Ansturm hunderttausender Besucher wird erwartet
Von Klaus Huhold

Aufzählung Alle Museen zwischen 18 und 1 Uhr Früh offen.
Aufzählung Von Albertina bis Bestattungsmuseum.

Wien. Bei uns liegen Sie immer am besten", lacht der Kurator des Bestattungsmuseums Wien, Wittigo Keller, bei einem Rundgang mit der "Wiener Zeitung". Doch der Scherz wird bei der "Langen Nacht der Museen" Wirklichkeit: Besucher können in zwei Särgen zur Probe liegen.

Im Bestattungsmuseum in der Goldeggasse in Wieden ist Kurios-Makabres zu besichtigen: So etwa ein doppelschneidiges Stilett, mit dem früher häufig der sogenannte "Herzstich" durchgeführt wurde. Dieser diente dazu, um einen Scheintoten tatsächlich ins Jenseits zu befördern. Noch heute kann für 300 Euro bei der Stadt Wien ein Herzstich – natürlich im voraus – bestellt werden (wird allerdings selten verlangt).

Wem dies zu morbid ist, dem stehen etwa die großen Kunstmuseen offen wie die Albertina mit ihrer Ausstellung "Picasso. Malen gegen die Zeit". Doch besteht gerade bei solch populären Ausstellungen in dieser Nacht die Gefahr, dass Besucher im Gedränge nur Ausschnitte der Attraktionen zu sehen bekommen. Immerhin nahmen im Vorjahr in der "langen Nacht" 326.500 Menschen die Möglichkeit eines nächtlichen Museumsbesuches wahr. Für heuer rechnen die rund 500 in Österreich und Liechtenstein gleichzeitig teilnehmenden Museen mit einem noch größeren Ansturm.

83 Museen in Wien geöffnet

Allein in der Bundeshauptstadt öffnen 83 Häuser ihre Tore, darunter auch ein paar Neulinge, unter anderem das erzbischöfliche Dom- und Diözesanmuseum oder das Staatsopernmuseum. Das Ticket kostet 12 Euro, ermäßigt 10, Kinder bis zu zwölf Jahren zahlen nichts.

Erhältlich sind Eintrittskarten und Programmhefte in den teilnehmenden Museen selbst oder beim "Treffpunkt Museum" am Heldenplatz. Dort befindet sich auch der Abfahrtsort der sechs Zubringerbusse, die quer durch die Stadt die verschiedenen Standorte anfahren.

Ein spezielles Kinder-Programm gibt es an 21 Stationen, etwa im Naturhistorischen Museum oder im ZOOM Kindermuseum im Museumsquartier. Dort ist die Ausstellung "Wolfgang Amadé — ein ganz normales Wunderkind" zwar auch für Erwachsene zugänglich, allerdings nur in Begleitung von Kindern.

Doch nicht nur das Mozart-Gedenkjahr schlägt sich im Programm der Nacht nieder, auch neueste Freizeittrends finden Einzug: So hat etwa das Liechtenstein Museum ein spezielles Art-Sudoku kreiert, das am Samstag erstmals der staunenden Öffentlichkeit präsentiert wird.

Führungen angeboten

In anderen Einrichtungen wiederum werden die Betrachter zu Teilnehmern. Das Wiener ORF-Funkhaus bietet seinen Besuchern an, sich in einem Studio selbst als Radiomoderator zu versuchen.

In den meisten der Museen werden hingegen Führungen veranstaltet. Im Bestattungsmuseum werden diese ganz im Zeichen der Wiener "schönen Leich" inszeniert. Kurator Keller wird in der Uniform eines "Pompfüneberes", eines feierlich gekleideten Leichenbegleiters, die besten Ausstellungstücke präsentieren.

Samstag, 07. Oktober 2006


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