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derStandard.at | derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
07. September 2008
19:42 MESZ

Bis 1. 3. 2009

 

"Blue Boys"-Nachfolger: "Kid" (1995).


Verharren im Beobachten
Duane Hansons Figuren abseits des "American Dreams" in der Kunsthalle Krems

Krems - Seine Brillo Box heißt "Bloc" und sorgt für saubere, weiche und frische Wäsche. Bei Duane Hanson spielt "Bloc" zwar nur eine Nebenrolle, und doch verweisen beide Kartons auf die gleichen problematischen Oberflächen.

1967 arrangiert Duane Hanson, der zur Pop-Art zählende hyperrealistische US-Bildhauer (1925- 1996), die leere Schachtel gemeinsam mit einem leeren Eierkarton und einem mit einem Nylonsack erstickten Neugeborenen in einem ganz normalen amerikanischen Mistkübel. "Trash" titelt die Arbeit, die drastisch Hansons sozialkritische Anfänge vermittelt. Nur zwei Jahre zuvor war ihm mit einer ähnlich eindringlichen Plastik der Durchbruch gelungen: In Abortion zeigt Hanson den Leichnam einer schwangeren Frau. Das Tuch über ihrem Leib zeigt mehr, als es verhüllt. "Es musste etwas getan werden, um die Öffentlichkeit aufzurütteln", sagte Hanson, der die Illegalisierung von Abtreibung ebenso thematisierte wie Vietnamkrieg und Rassenunruhen: War und Race Riot (1967).

"Ratlosigkeit, Müdigkeit, Altern, Frustration"

Wesentlich bekannter ist Hanson aber für seine Sculptures of the American Dream. Auch die Kunsthalle legt in der von Kopenhagen, über Helsinki und Madrid bis nach Krems gewanderten Retrospektive mit 30 plastischen Arbeiten den Schwerpunkt auf Hansons Schaffen nach 1970: "Menschen, die in stiller Verzweiflung leben. Ich zeige Ratlosigkeit, Müdigkeit, Altern, Frustration."

Seine Figurengruppen werden nur noch selten ohne Distanz wahrende Bodenmarkierungen präsentiert und verlieren leider in der Masse ihr irritierendes Potenzial. Interessant ist ihr Posieren, das sich von Hansons frühester künstlerischer Prägung herleiten lässt: Denn es heißt, im 700 Seelen-Dorf seiner Kindheit, in der Provinz Minnesotas, habe nur ein Kunstbuch existiert. Die Faszination für Bilder von Joshua Reynolds und Thomas Gainsborough zeigt sich in der geschnitzten, also plastischen Übersetzung von Gainsboroughs Blue Boy . Hanson war damals 13 Jahre alt.

Was ist mit Handlungsalternativen? 

Sind Hansons Unter- und Mittelschichtsamerikaner heute aber mehr als kulturhistorische Exponate? Sind sie in Zeiten, in denen man seine tägliche Portion Satire in Talkshows und Doku-Soaps bekommt noch brisant? Vermag das reine Abbild heute noch Realität ins Museum zu holen? Lässt nur die seelenlose Puppe, die dem Betrachter nicht wie ihr Gegenstück aus Fleisch und Blut zu nahe kommen kann, das Hinschauen zu? Und überhaupt: Wurde nicht lange genug beobachtet? Ist nicht längst Zeit für Kunst angebrochen, die Handlungsalternativen aufzeigt? (DER STANDARD, Printausgabe, 8.9.2008/Anne Katrin Feßler)

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