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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
29. November 2007
14:41 MEZ
Museums-Reform in Hamburg
Gesetz wird geändert, mehr Kontrolle ist geplant, vier Häuser werden zusammengelegt

Hamburg - Während in Österreich das Ministerium in den kommenden Monaten gemeinsam mit Experten, der Bevölkerung und einem "Moderatorenteam" über allfällige Veränderungen bei den Bundesmuseen nachdenken will, wurde dieser Tage in Hamburg eine umfassende Reform der 1999 erfolgten Ausgliederung der staatlichen Museen beschlossen. So versucht man ab 1. Jänner mit Hilfe von viel Geld und noch mehr Neuerungen, die Museen, die man vor neun Jahren zu Stiftungen umgewandelt hat, sowohl wirtschaftlich als auch inhaltlich wieder auf Kurs zu bringen.

1996 hat man erstmals begonnen, über die Möglichkeiten einer Ausgliederung nachzudenken. Mit 1. Jänner 1999 war es dann soweit: Aus den sieben Hamburger Museen - Hamburger Kunsthalle, Museum für Kunst und Gewerbe, Museum für Völkerkunde Hamburg, Museum für Hamburgische Geschichte, Altonaer Museum, Helms-Museum und Museum der Arbeit - wurden Stiftungen öffentlichen Rechts, an deren Spitzen jeweils gleichrangig ein künstlerischer und ein kaufmännischer Direktor eingesetzt wurden. Jetzt arbeitet man fieberhaft an den Korrekturen, die im Wesentlichen aus drei Punkten bestehen: 13,6 Millionen Euro wendet die Stadt auf, um die seit 1999 entstandenen Defizite der Museen auszugleichen, vier der sieben Stiftungen werden zu einer verschmolzen und das Hamburger Museumsstiftungsgesetz wird geändert, um dem künstlerischen Direktor ein Letztentscheidungsrecht und dem kaufmännischen Direktor ein Vetorecht bei finanziellen Entscheidungen einzuräumen.

Controllingssystem

"Die Maßnahmen zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit, des Kostenbewusstseins und der Orientierung auf das Publikum sollen durch eine größere Selbstständigkeit gesteigert und auf eine dauerhafte Grundlage gestellt werden", hieß es 1998 in der Mitteilung des Hamburger Senats an die Bürgerschaft. "Durch die Verselbstständigung entstehen dem Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg keine zusätzlichen Belastungen", so das Papier von damals. "Die Kosten für die Einführung der kaufmännischen Geschäftsführungen und weitere Kosten insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung der kaufmännischen Buchführung werden aus den Budgets der Stiftungen finanziert."

Dass genau in diesem Feld nicht genug investiert wurde, ist heute klar: "Maßnahmen zur Verbesserung des Controllings" der Stiftungen sind ein wesentlicher Punkt in der aktuellen Mitteilung des Senats. Hier geht man von einem drei Jahre dauernden Prozess aus. Ab 2008 sollen drei Vollzeitkräfte mit der "Entwicklung und Einführung eines professionellen Controllingssystems" beschäftigt werden, das es bisher in dieser strikten Form nicht gab. Die Museumsstiftungen haben bereits damit begonnen, eine umfassende Kostenrechnung einzuführen. Die bisherigen Quartalsberichte, deren Vorlagefrist in der Vergangenheit nicht immer eingehalten wurde, sollen nun durch eine monatliche Berichterstattung, die mit den Ziel- und Leistungsvereinbarungen und den Wirtschaftsplänen abgestimmt ist, ersetzt werden.

Notmaßnahmen

Bereits verwirklicht wurden die im Juni 2007 geforderten finanziellen Notmaßnahmen. Für das Jahr 2008 wurden die Budgets um rund 2,1 Millionen Euro aufgestockt, 2,3 Millionen Euro wurden an Investitionsmitteln bereitgestellt, um verbesserte Dauerausstellungen zu ermöglichen und zusätzliche Einnahmen zu erzielen, der angehäufte Fehlbetrag von rund 13.6 Mio. Euro wurde von der Stadt abgedeckt, um einen Neustart zu erleichtern.

Als weiterer Reformpunkt gilt nun die damals abgelehnte Zusammenführung von vier der sieben Stiftungen: Unter dem Titel "Stiftung Historische Museen Hamburg" werden ab 1. Jänner 2008 das Museum für Hamburgische Geschichte, Altonaer Museum, Helms-Museum und Museum der Arbeit zu einer gemeinsamen Stiftung öffentlichen Rechts zusammengeführt, wodurch man sich eine Erhöhung der "Bedeutung der Stadt- und Kulturgeschichte" erhofft, wie es heißt. Ziel ist eine abgestimmte inhaltliche Profilierung der Häuser und ihrer Programme sowie eine "effiziente museumsübergreifende Arbeitsorganisation".

Die Aufgabenbereiche der Museen sind nun in fünf Punkten klar definiert. "Erwerben, Bewahren, wissenschaftliches Erschließen" heißt es für die Sammlungen, Schausammlungen und Sonderausstellungen als Eigenproduktion oder Übernahme soll es im Ausstellungsbereich geben. Ein weiterer Punkt sind die Dienstleistungen, die Veranstaltungen, museumspädagogische Vermittlung, Bibliotheken und wissenschaftliche Beratung beinhalten sollen. Weitere Einkünfte sollen durch Vermietungen und Verkauf (Raumvermietungen, Museumsshop, Gastronomie) erwirtschaftet werden, auch PR und Marketing sollen gemeinsam organisiert werden. Weiters geplant ist ein gemeinsames Depot, die digitale Inventarisierung der Bestände und Schwerpunktsetzungen - um Doppelungen zu vermeiden.

Im Jahr 2010 soll es eine Evaluation geben, die die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse ausführlich dargestellt werden sollen. (APA)


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