Kunstsinnig
Putzfrauenrache
Von Claudia Aigner
Die Putzfrau war's. Natürlich. Typisch. Nein, in dem Fall
(auch wenn der auch schon wieder Jahrzehnte zurückliegt) war's doch der
Hausmeister. Denn er und die Putzfrauen sind naiv wie die Schwalben. Ich
meine jene Schwalben, die sich abmühten, die gemalten Körndln (oder
Trauben?) des griechischen Malers Zeuxis mit dem ganzen Gusto ihrer
Schnäbel aufzupicken. Er, der Hausmeister, kann ja nichts dafür, dass er
damals eine Schneeschaufel verwechselt hat mit - einer Schneeschaufel. (An
dieser Stelle hat nun dem geschätzten Leser, der langsam ahnt, wo das
hinführt, die Erheiterung in den Mundwinkeln zu zucken.) Der
Hausmeister hat die Kunst blöderweise für die Wirklichkeit gehalten (der
Leser lacht jetzt wohlwollend) und hat jenen Teil des tiefverschneiten
Winters in Minnesota, der vor seinem Museum lag, ausgerechnet mit der
Schneeschaufel von Duchamp weggeschippt (eigentlich nicht mit dem
"Original", das ja irgendwann von selber in den Alltag oder den Müll
hineinverschollen ist, sondern mit einer vom Künstler autorisierten
Replik, soll heißen: Man hat die selbe Schaufel halt noch einmal gekauft).
Die Readymades fordern es ja geradezu heraus, dass sie vom
Reinigungspersonal nicht erkannt werden (oder nicht anerkannt?).
Readymade: Wenn Haubenkoch Gerer eine Konservenbüchse aufmacht, den
Inhalt auf einen Teller schüttet und aus tiefster Überzeugung verkündet:
"Das ist ein Essen" (dabei muss er ein seriöses Küchenchefgesicht machen
und es dürfen ihm auch die Hauben nicht vom Kopf fallen), dann ist das ein
Readymade. (Der Leser schmunzelt schüchtern.) Ist der eigentliche
Künstler also doch der Betrachter, der ein "strittiges" Objekt als
Kunstwerk billigt? Und was passierte dem Igor Strawinsky (angeblich), als
er zur Zeit des Ersten Weltkriegs mit einem Picasso über die Schweizer
Grenze wollte? Die misstrauischen Zollbeamten, die natürlich bemüht waren,
ihr Land vor Spionen und deren verschwörerischen Geheimcodes zu bewahren
(hör' ich da ein zaghaftes "Haha" von dir, lieber Leser?), ließen mit dem
handfesten Charme der Naivität und Pflichterfüllung den Picasso nicht
rein, weil sie meinten, das sei kein Porträt, sondern ein Plan. (Der Leser
jault sympathisierend auf. Aber lachen er und ich über die Dummheit der
Zollbeamten oder voller Schadenfreude über Picasso und seinen
"missverständlichen" Stil? Recht g'schieht eam, dem Picasso!) Der
jeweilige Kontext mag ja hilfreich sein (wenn zum Beispiel ein Museum um
das Ding herumgebaut ist), doch nicht einmal ein Atelier in einer
Kunstakademie schützt vor Putzfrauenfehlleistungen. Was hat es doch für
ein frenetisches Schenkelklopfen und Hinüberlachen in die Heiserkeit
gegeben, als 1986 ein Besen, der den Putzbefehl hatte und es doch nur gut
und sauber gemeint hat, die "Fettecke" des Joseph Beuys, ein
Fettklümpchen, aus fünf Metern Höhe herunterholte in die Realität der
Mistkübel. Ignoranz ist halt eine Form von Kunstkritik. cai
Erschienen am: 11.06.2004 |
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