diepresse.com
zurück | drucken
15.05.2003 - Ausstellung
Kunstmarkt: Bohemien und Poltergeist
Junge Künstler aus Los Angeles stellt ein privater Sammler in Wien vor. Ein seltener Besuch.


Viel Ketchup ist seit den Siebzigerjahren schon die nackten Körper der Performance-"Opfer" herunter geronnen. Sex, Gewalt, Unterdrückung, Rassismus waren damals die Themen einer Generation junger Künstler in Kalifornien: Schock und Tabubruch in der Stadt der Lost Angels. Die bekanntesten Namen: Paul McCarthy, Mike Kelley, Tony Oursler. Sie gelten heute sozusagen als Väter der jungen Kunstszene in L. A., unterrichten wie Paul Mc Carthy auch an der University of Los Angeles.

Provokation scheint hier heute jedoch weniger angesagt als Witz und eine gewisse Leichtigkeit. Eine Auswahl von elf "Young stars" aus Kalifornien und New York stellt der private Sammler Horst Köhn zur Zeit in Wien vor, im Obergeschoß der "Krinzinger Projekte". Seit seiner Studentenzeit in den 60er Jahren sammelt der Wiener Nuklearmediziner Kunst. Seit der Ausstellung "Helter Skelter" 1992 in L. A. verfolgt er die Entwicklungen der Kunst an der US-Westküste.

Neben Zeichnungen der Meister wurde im schlauchartigen Raum ein Parcours aus Malerei, Fotografie und als Schwerpunkt Skulptur von elf Jungen, alle um die 30 Jahre alt, aufgebaut. Und über all die Arbeiten schallt das Video von Luis Gispert, der eine brave Cheerleaderin einen harten Rap schreien lässt. Zwei Maler sind vertreten: Ein in Wien schon durch die Kunsthallen-Ausstellung "Lieber Maler, male mir" bekannter Name ist Brian Calvin mit seinen ziemlich verruchten Porträts von schicken, kettenrauchenden Bohemiens. Andy Collins bleibt mit seinen pastelligen, halb-abstrakten Acryl-Bildern etwas zu verliebt an der Oberfläche. Neben einem Fotokünstler - dem ehemaligen Porno-Fotografen Jeff Burton - dominieren die Objekt-Künstler.

Auffällig ist hier ein augenscheinlicher Spaß am Handwerklichen, am Basteln. Mit "Poltergeist" zitiert Paul Pfeiffer zwar eine Hitchcock-Szene, verkleinert das Motiv der aufgetürmten Sessel aber zur niedlich-kostbaren Miniatur. Modern scheint hier nur die Technik: Der fragile Stapel ist aus Laser-gebundenem Polyamid-Pulver.

Knalliger werkt der 26jährige Matthew Ronay mit ebenfalls kleinen Pop-Art-Plastiken. Komisch lässt Evan Holloway eine der so beliebten abstrakten Deko-Skulpturen vor Bankgebäuden ausufern: Neben dem Mini-Modell seiner Bankfiliale wächst aus einem Mini-Sockel ein wild gewordenes Eisendrahtgewächs. Eine sehr persönliche, sehr humorvolle Auswahl an aufstrebender amerikanischer Kunst, die international gerade ihre ersten Sprünge macht. Ein interessanter Besuch in Wien, den man schnell noch geniessen sollte. sp

Finissage: Freitag, 16. Mai, 19 Uhr, Schottenfeldgasse 45, Wien 7.



© Die Presse | Wien