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ATELIERBESUCH: Der Linzer Künstler Oliver Dorfer setzt verstärkt auf Vielschichtigkeit

Wiesingers Wurstkalender an der Wand

Linz/Urfahr, Rudolfstraße 22. Nonstop brausen die Autos vorbei an dem unscheinbaren Torbogen. Was sich dahinter verbirgt, ist jedoch alles andere als unscheinbar: eine bildnerisch hochpotente Künstlerkolonie hat sich hier gefunden. Der vielseitige Designer/ Zeichner Beni Altmüller, der Designer und Metallplastiker Stefan Brandmayr, der Zeichner Johann Jascha, der Schmuckkünstler Jean Ihmt und Oliver Dorfer, der sich mit seinen 38 Jahren bereits zu den international etablierten österreichischen Künstlern zählen darf.


Kunst als Pausenfüller

Ein weitläufiges Atelier hat Dorfer hier im Innenhof, ein Atelier, das gerne für Feste genutzt wird: "Ich brauche diese sozialen Kontakte!" - sagt der Künstler im OÖN-Gespräch: "und es kommen auch oft Leute einfach so vorbei!" Sagt's und schon kommen wieder zwei herein auf einen Kaffee, den Dorfer professionell aus seiner italienischen Gaccia-Maschine zapft.

Dem üblichen Künstlerklischee entspricht der Linzer auf keiner Ebene: "Das kommt wahrscheinlich daher, dass ich mich autodidaktisch weitergebildet habe." Studiert hat Dorfer nämlich Soziologie. Erste Berührungspunkte zur Kunst bekam er mit siebzehn: "Durch meine erste Freundin. Die hatte viele Kontakte zur Kunsthochschule. Vorher bin ich nämlich auch mit dem Wiesinger Wurstkalender an der Wand aufgewachsen."

Es faszinierte ihn, dass andere tatsächlich Zeichnungen - in seinem Fall übrigens von Peter Kubovsky - aufhängen. "Ich habe sofort an mir entdeckt, dass die Kunst etwas ist, was mich intensiv fordert und befriedigt. Später bekam der Prozess des Kunst-Machens für mich dann auch fast etwas Sportliches."

Dorfer begann zunächst, sich im Umfeld der Neuen Galerie zu informieren: "Ich ging damals ins BORG im Lentia und so ein Galeriebesuch war sozusagen mein Pausenfüller." Begeistert haben ihn damals "die gro ßen Türme vom Zechyr. Das hat sich fest eingebrannt!"

Später lernte er den Linzer Künstler Robert Mittringer kennen: "Mit Robert hatte ich das unglaubliche Glück, auf einen Künstler zu treffen, der auch bereit ist, etwas zu erklären, mein Suchen und Forschen selbstlos zu unterstützen." Mittringer war und ist ein Ankerpunkt im Leben Oliver Dorfers: "Er hat mein damals noch oberflächliches Interesse mit einem Boden aufgefüttert. Er hat alles erst kanalisiert und ich habe bei ihm auch heute noch einen starken Rückhalt."


Kein Konzeptkünstler

Seine erste Ausstellung hatte Dorfer in der Linzer Posthofgalerie, von da an ging es Schlag auf Schlag: Talentförderungs- und andere Preise, die Ausstellungen entwickelten sich aus dem regionalen Raum (etwa Galerie Eder) rapide in die Bundesländer (etwa Galerie Ariadne und Galerie Hilger Wien, Traklhaus Salzburg) und in die Internationalität. Heute wird Dorfer auch von renommierten Galerien in Montreal, Köln und Paris vertreten.

Seine Bilder drehen sich - auf einer sehr sinnlich erfahrbaren Ebene - immer wieder um "zentrale menschliche Themen wie Eros, Liebe, Tod, Reproduktion, und natürlich auch um das Essen." Apropos - das Lieblingsessen des Künstlers: "eindeutig Risotto". Aber zurück zur Kunst: Dorfers Stil hat sich im Vorjahr vom eher Haptischen, von großen Gesten auf Gipsgrund hin zu verstärkter Arbeit mit dem Computer entwickelt: "Meine Bildgeschichten spielen sich jetzt verstärkt in mehreren Ebenen ab. Das Denken in Folien, etwa wie im Film (meine zweite große Liebe), das versuche ich umzusetzen. Ohne jedoch dabei bloß im Kopf, im Intellekt hängen zu bleiben . Ich sehe mich ja nicht als Konzeptkünstler."


Starkes Sozialbewusstsein

Entscheidend geprägt wurde Oliver Dorfer auch durch jene Kinderzeit (von 4 bis 8 Jahren), die er wegen der Arbeit seines Vaters in Indien verbrachte: "Ich bin mit sieben Pakistani-Kindern in Delhi aufgewaschen. Ein großer Teil meiner Erinnerung hat mit Licht, mit Farbe zu tun."

Neben Elementen, die daraus immer wieder in seine Kunst einfließen, hat sich das auch im sozialen Engagement des Künstlers ausgewirkt, der (seine Mutter war Krankenschwester auf einer Intensivstation) ursprünglich Medizin studieren wollte: "Auch wenn es irgendwie kokett klingt: Für ein überzeugendes Sozialprojekt könnte ich eine echte Leidenschaft entwickeln. Und dafür würde ich tatsächlich alles liegen und stehen lassen! "

Aktuelle Ausstellungen: Galerie Schloss Puchheim (bis 10. 2., 07674 / 67 0 39); Galerie Academia Salzburg (bis 15. März, 0662 / 84 51 85).


OÖN vom 04.02.02 zuletzt geändert am: 03.02.02 18:43:50


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