VN Do, 20.9.2001

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Kultur 

"You look good in Blue"

David Reed im Kunstmuseum St. Gallen

St. Gallen (VN-ag) Als "Schlafzimmermaler" ist David Reed in die jüngere Kunstgeschichte eingegangen. Das Kunstmuseum St.Gallen widmet dem 1946 im kalifornischen San Diego geborenen, in New York lebenden Künstler mit fünfzig Werken aus allen Schaffensphasen die erste Einzelausstellung in einem Schweizer Museum.

Nicht das Museum, sondern das Schlafzimmer als vertrauten Ort der Betrachtung wünscht sich David Reed als Repräsentationsort für seine Werke, wenn er bekennt: "Ich hatte immer den Ehrgeiz, Schlafzimmermaler zu sein." Waren die frühen, in den 70er Jahren entstandenen Arbeiten noch von einfachen, horizontalen Pinselstrichen und dem durch die Reichweite des Armes bestimmten Maßnehmen am eigenen Körper geprägt, so reflektiert er in den jüngeren Werken nicht nur die Traditionen der Kunst, sondern verarbeitet die gesamte Erfahrungswelt, mit der es der zeitgenössische Mensch zu tun hat, sprich Film, Werbung oder Alltagskultur.

Bilder im Cinemascope-Format

Unter dem Titel "You look good in Blue", den Reed einem Song der Popgruppe Blondie aus den 70ern entlehnt hat, konfrontiert der Künstler in verführerischen Bildern, die weder völlig abstrakt noch richtig figürlich sind, mit farbstark schimmernden, geschliffenen Oberflächen.

Hinter diesen eisig-glatten Projektionsflächen verbirgt sich ein langwieriger Entstehungsprozess fortwährenden Abschleifens und partiellen Neuauftragens, der auch auf das eigenwillige Verhältnis von Oberfläche und Bildkörper verweist, das die Bilder von David Reed in besonderer Weise kennzeichnet. Unter den gestischen Pinselbewegungen formieren sich schlaufenartige Elemente, die an die Theatralik barocken Faltenwurfs ebenso erinnern wie an die Perfektion der Minimal Art, zu einem ornamentalen Allover. Dieses verhilft dem Betrachter in zumeist extremen, räumliche Weite evozierenden Querformaten zu einer Art Cinemascops-artigen Erlebnis vor den Bildtafeln. Die Unfähigkeit, ein ganzes Bild in einem Blick zu erfassen, bringt Bewegung in die Arbeiten, die endlosen Schlingen und Schlaufen, an den Bildrändern nur noch aus dem Augenwinkel wahrzunehmen, verdichten sich zu filmartigen Sequenzen.

"Judy's Bedroom"

Und endgültig verwischen sich die Grenzen zwischen Malerei und Film, zwischen Realität und Fiktion, zwischen Wachen und Traum, zwischen Schlafzimmer und Museum schließlich in den beiden bekannten Installationen "Judy's Bedroom" (1992) und "Scottie's Bedroom" (1994), wo David Reed eigene Bilder in Schlafzimmersequenzen von Hichtchocks berühmten Film "Vertigo" einfügt. Mit diesen raffinierten Inszenierungen und dem wunderbaren türkisblauen Licht in "Judy's Bedroom" verfangen wir uns in den Schlingen dieser betörenden Malerei.

David Reed: "Judy's Bedroom", 1992. (Foto: Kunstmuseum St. Gallen)

Die Retrospektive "David Reed - You look good in Blue" ist im Kunstmuseum St. Gallen bis zum 11. November zu sehen, geöffnet Dienstag bis Freitag, 10 bis 12 und 14 bis 17, Samstag und Sonntag, 10 bis 17 Uhr.




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