St.
Gallen (VN-ag) Als "Schlafzimmermaler" ist David
Reed in die jüngere Kunstgeschichte eingegangen. Das Kunstmuseum
St.Gallen widmet dem 1946 im kalifornischen San Diego geborenen, in
New York lebenden Künstler mit fünfzig Werken aus allen
Schaffensphasen die erste Einzelausstellung in einem Schweizer
Museum.
Nicht das Museum, sondern das Schlafzimmer als
vertrauten Ort der Betrachtung wünscht sich David Reed als
Repräsentationsort für seine Werke, wenn er bekennt: "Ich hatte
immer den Ehrgeiz, Schlafzimmermaler zu sein." Waren die frühen, in
den 70er Jahren entstandenen Arbeiten noch von einfachen,
horizontalen Pinselstrichen und dem durch die Reichweite des Armes
bestimmten Maßnehmen am eigenen Körper geprägt, so reflektiert er in
den jüngeren Werken nicht nur die Traditionen der Kunst, sondern
verarbeitet die gesamte Erfahrungswelt, mit der es der
zeitgenössische Mensch zu tun hat, sprich Film, Werbung oder
Alltagskultur.
Bilder im Cinemascope-Format
Unter dem Titel "You look good in Blue", den Reed einem
Song der Popgruppe Blondie aus den 70ern entlehnt hat, konfrontiert
der Künstler in verführerischen Bildern, die weder völlig abstrakt
noch richtig figürlich sind, mit farbstark schimmernden,
geschliffenen Oberflächen.
Hinter diesen eisig-glatten Projektionsflächen verbirgt sich ein
langwieriger Entstehungsprozess fortwährenden Abschleifens und
partiellen Neuauftragens, der auch auf das eigenwillige Verhältnis
von Oberfläche und Bildkörper verweist, das die Bilder von David
Reed in besonderer Weise kennzeichnet. Unter den gestischen
Pinselbewegungen formieren sich schlaufenartige Elemente, die an die
Theatralik barocken Faltenwurfs ebenso erinnern wie an die
Perfektion der Minimal Art, zu einem ornamentalen Allover. Dieses
verhilft dem Betrachter in zumeist extremen, räumliche Weite
evozierenden Querformaten zu einer Art Cinemascops-artigen Erlebnis
vor den Bildtafeln. Die Unfähigkeit, ein ganzes Bild in einem Blick
zu erfassen, bringt Bewegung in die Arbeiten, die endlosen Schlingen
und Schlaufen, an den Bildrändern nur noch aus dem Augenwinkel
wahrzunehmen, verdichten sich zu filmartigen Sequenzen.
"Judy's Bedroom"
Und endgültig verwischen sich die Grenzen zwischen
Malerei und Film, zwischen Realität und Fiktion, zwischen Wachen und
Traum, zwischen Schlafzimmer und Museum schließlich in den beiden
bekannten Installationen "Judy's Bedroom" (1992) und "Scottie's
Bedroom" (1994), wo David Reed eigene Bilder in
Schlafzimmersequenzen von Hichtchocks berühmten Film "Vertigo"
einfügt. Mit diesen raffinierten Inszenierungen und dem wunderbaren
türkisblauen Licht in "Judy's Bedroom" verfangen wir uns in den
Schlingen dieser betörenden Malerei.
David Reed: "Judy's Bedroom", 1992. (Foto:
Kunstmuseum St. Gallen)
Die Retrospektive "David Reed - You look good in Blue"
ist im Kunstmuseum St. Gallen bis zum 11. November zu sehen,
geöffnet Dienstag bis Freitag, 10 bis 12 und 14 bis 17, Samstag und
Sonntag, 10 bis 17 Uhr.