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Die Ausstellung, die der 1944
in Solothurn geborene Maler im Kunsthaus Bregenz präsentiert, ist nicht
auf grosse Gesten aus. Helmut Federle nutzt die Nähe zu seinem Jugendort
St. Margrethen für eine Engführung mit privaten Aspekten seiner
Lebenswelt: Er präsentiert sich als Sammler von Objekten und Eindrücken,
zeigt Keramiken und Fotografien, die er von Reisen mitgebracht hat, und
öffnet damit eine existenzielle und geistesgeschichtliche Hintergrundebene
zum Verständnis seines bildnerischen Werks.
Wer das Kunsthaus
Bregenz betritt, wird sogleich in dieses Widerspiel eingewoben. An der
Wand gegenüber glimmt ein kleinformatiges Gemälde im ebenmässigen Licht.
Die trockene schwarze Farbe ist in Streifen auf den rohen Rupfen
aufgetragen und konnte am besten an den Ansatzpunkten des Pinsels haften
bleiben, die am linken Rand und in der Mitte Grate bilden, zerfetzten
Wirbelsäulen nicht unähnlich. Die Gewalt, die darin zu spüren ist, und die
Poesie der Auszehrungen im Licht halten sich die Waage und den Betrachter
in Unruhe.
Eine ähnliche Gestimmtheit vermittelt eine fünfteilige
Fotoserie auf der Wand gegenüber, die fünf Tiere zeigt. Die Aufnahmen
wurden auf verschiedenen Kontinenten und über einen Zeitraum von zehn bis
fünfzehn Jahren hinweg gemacht und im vergangenen Jahr zu einer Serie
zusammengefügt. Reh, Fisch, Luchs und Katze atmen eine selbstverständliche
Kreatürlichkeit, zu der wir Betrachter keinen Zugang haben. Diese stille
Schönheit wird jäh durchbrochen, sobald man realisiert, dass dem Schlaf
der Katze, Federles Lieblingstier, der Tod eines anderen Vierbeiners
entspricht. In diese Ambivalenz der Atmosphären fügt Federle Keramiken
aus alten Kulturen rund um den Globus, die in ihren Vitrinen wie
messerscharfe geistige Positionen anmuten und, etwa wie die geometrischen
Musterungen der Maja-Gefässe, an das Vergehen, die Dauer und die zyklische
Qualität von Zeit erinnern, die Federle in manchen Bildagonien selbst zur
Sprache bringt.
Hier ist denn auch, bis auf ein Werk, praktisch die
gesamte Produktion von grossen Gemälden aus den letzten vier Jahren in
eindrücklicher, punktgenauer Inszenierung zusammengebracht und mit neuen
Corner Field Paintings ergänzt. Am überraschendsten sind, im obersten
Saal, direkt unter dem Himmel, zwei schwarze Malereien, für die Federle
das Allover mit einem Farbabrieb mittels einer Linolscheibe aufgerauht hat
und es dennoch schafft, dass die Bildflächen still verharren. Sie wirken
gelöst und doch wie gebannt, sie sprechen von der Wachsamkeit des
Melancholikers, von Tod und Schlaf und, vor allem, von sehr viel
Licht.
Bis 6.2.2000
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