14. Juli 2009 - 00:04 Uhr · Von Irene Gunnesch · Kultur

Hohe Drehmomente an der Materialgrenze

Hohe Drehmomente an der Materialgrenze

Archaisch und zerbrechlich zugleich. Manche so hauchdünn gedrechselt, dass sie sogar die Grenze zum Furnier überschreiten. Manche so durchscheinend, dass sie im Spiel des Lichts honiggelb schimmern. Manche von einer silbergrauen Erdigkeit wie uraltes, wind- und wettergegerbtes Holz.

Alle diese Spannungsfelder vermitteln die grandiosen Gefäße des aus München stammenden, am Gardasee lebenden Künstlers Ernst Gamperl (*1965), der jetzt im Lignorama Riedau ausstellt.

Der geprüfte Drechslermeister hat sein Handwerk zur Kunst gemacht. Hat sich einen weltweit renommierten Ruf erarbeitet, beherrscht die exquisitesten Galerien zwischen Tokio und New York, arbeitete mit Stars wie Issey Miyake, ist in allen hochwertigen internationalen Architektur-, Deko-, Design-Magazinen präsent. Es ist also tatsächlich eine Sensation, dass Lignorama-Leiterin Lisa Wipplinger den mit vielen Staatspreisen überhäuften Holz-Artisten hier im Innviertel zeigen kann.

Was aber Gamperls Werke so faszinierend macht, ist nicht nur die phänomenale Technik, mit der die Gefäße aus Eiche, Buche, Olive oder Ahorn herausgearbeitet worden sind.

Natur trifft Natur

Der körperlich spürbare Reiz seiner Skulpturen liegt vielmehr darin, dass sich das Material trotz der fast überperfektionierten „Drehmomente“ denen es ausgesetzt war, seine Seele bewahrt hat. Als hätten erst die massiven mechanischen Presswehen jenen Kern freigelegt, um dessentwillen dieses Stück Holz gewachsen ist.

Das vermittelt uns eine Intimität, ein zärtliches Berührtsein, eine über das Objekthafte hinausreichende Begegnung von Mensch und Baum. Natur trifft Natur. Einssein.

Info: bis 23. 8.; Fr, Sa, So, Fei 10-17 Uhr; 07764/ 6644; lignorama.com
Quelle: OÖNachrichten Zeitung
Artikel: http://www.nachrichten.at/nachrichten/kultur/art16,220694
© OÖNachrichten / Wimmer Medien 2008 · Wiederverwertung nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung