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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
29. November 2007
14:38 MEZ
Link: www.leopoldmuseum.org  
"Stillgelegt" im Leopold Museum
Industriearchäologie in Fotografien von Christoph Lingg

Wien - In 14 Ländern, von Osteuropa über Russland bis China, näherte sich der Vorarlberger Fotograf Christoph Lingg insgesamt rund 120 stillgelegten Industriebauten an. Immer wieder musste er sich dabei mit der Polizei herumschlagen, brach einmal durch den Boden durch, in Aserbaidschan wurde ihm die Kamera weggenommen.

Dass sich das für seine Schiele-Sammlung bekannte Wiener Leopold Museum erstmals mit "Stillgelegt - Industrieruinen im Osten" einer Ausstellung für moderne Fotografie annimmt, ist durchaus nicht selbstverständlich. Elisabeth Leopold, die ihren Mann Rudolf bei der Presseführung vertrat, sah aber durchaus Parallelen zwischen Schieles "Toter Stadt" und den Fotografien von Lingg. "Das ewige Werden und Vergehen" werde dabei sichtbar, und offensichtlich "bewegen und berühren" jene Bilder mehr, die sich nicht auf das oberflächlich Schöne konzentrieren.

"Unheimlich eindrucksvoll"

Lingg legte den Fokus auf heruntergekommene Industriebetriebe, archaische Dinosaurier eines scheinbar vergangenen Zeitalters, rostige Reste riesiger Fabriken, die von einer "monumentalen, nostalgischen Schönheit" sind, wie es Linggs Mentor Erich Lessing beschrieb. "Sehr viel Einsatz und sehr viel Herz" habe das Projekt benötigt, so Lessing, der sich vor allem von der Tatsache beeindruckt zeigte, dass die Bilder "unbearbeitet" und somit "reine Fotografie" blieben. "Die bedachte Komposition, die wunderbare Farbgebung, die gute Idee - das ist unheimlich eindrucksvoll."

"Viele dieser Bauten wird es nicht mehr lange geben", sagte Lingg, der seine Fotografien auch als "Zeitzeugen" betrachtet. Wie sehr die Bilder Zeugen einer vergangenen Zeit sind, beweisen nicht zuletzt die Memorabilia, die Lingg an den Fabriksstandorten gesammelt hat und die nun im dritten Raum der Schau als Kontrapunkt zu den Bildern und einem Recherche-Video (mit improvisierter Musik des Jazzgeigers Andreas Schreiber) angeordnet sind. (APA)


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