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07.10.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Ausstellung: Ein Stone im Ballet Russe
VON BARBARA PETSCH
Cecil Beaton (1904-1980), dem schillernden britischen Hof-, Society-, Mode- und Künstler-Fotografen, gilt eine Ausstellung im Kunsthaus Wien.

S
eine Schwestern verpackte er gla mourös in Zellophan. Mit George Or well war er im Internat. Obwohl Männern zugetan, hatte er eine Romanze mit Greta Garbo - und lichtete sie ab. Aber auch das offizielle Krönungsfoto von Königin Elizabeth II. ist sein Werk.

Aus der National Portrait Gallery in London kommt die jüngste Ausstellung im Kunsthaus Wien über Cecil Beaton. Die Schau bietet sich an als Ergänzung zu Lempicka im Kunstforum. Wie ihre begann auch die Karriere Beatons in den Zwanzigern. Bald etablierte er sich als Fotograf von Hollywood-Stars und für die Vogue. 1942 reiste er im Auftrag der Royal Air Force nach Nahost, später nach Indien und Fernost. Beaton war ein Multi-Artist: Er spielte in "Lady Windermeres Fächer" von Oscar Wilde; er schrieb Essays, u. a. zu seinen Foto-Serien. In den Fünfzigern und Sechzigern entwarf er die Ausstattungen für die Musicals "Gigi" und "My Fair Lady" - auch für die Filmversion mit Audrey Hepburn und Rex Harrison von George Cukor. Für "My Fair Lady" wie für "Gigi" erhielt er den Oscar.

Beaton feierte das Androgyne. Er experimentierte mit Collagen, Montagen. Er inszenierte Fotos. Er protokollierte seine Arbeit wie auch, was er dabei erlebte. Er publizierte Bücher über Fotografie: British Fotografers oder The Magic Image, eine Geschichte der Fotografie. Er war ein Snob und ein Dandy, ein lebendes Kunstwerk. Mit seiner Kamera erschuf er sich eine Welt jenseits der Realität. Er war ein Perfektionist des schönen Scheins, hatte einen untrüglichen Sinn für Eleganz und stand an der Wiege jener Fotografie, die gewöhnliche Materie in Gold verwandelt. Beaton hatte sich selbst erfunden, er erfand sich auch eine Welt. Seine propagandistische Tätigkeit im Krieg bleibt in der Schau ausgespart.

Das Konzept ist chronologisch, sodass man Änderungen des Zeitgeistes, der Moden sieht. Da schauen die (Beaton-)Schwestern wie Filmstars aus - und die Filmstars wie Schwestern. Am originellsten sind die Mode-Arrangements, etwa in David-Hockney-Manier. Für Beaton war Fotografie eine darstellende Kunst. Er wählte gern malerisch surrealistische Hintergründe, arbeitete manchmal mit Tricks wie in der frühen Aufnahme der Poetin Edith Sitwell und ihrer Brüder: Die Köpfe wirken wie abgeschnitten. Faktisch spiegeln sie sich in einem Klavier, das Foto wurde um 90 Grad gedreht.

Spiegelungen sind überhaupt wichtig: bei Lillian Gish oder Fred und Adèle Astaire (1929), Marlene Dietrich schmachtet neben einer klassischen Büste. Beaton "erwischte" viele Stars ganz frisch und früh in ihrer Karriere: Orson Welles, Marlon Brando, Katharine Hepburn. Pablo Picasso, ganz bürgerlich mit Anzug und Krawatte (1933); der große Poseur Salvador Dalí mit Degen und seine Gala mit Fecht-Maske (1936).

Wallis Simpson, der Edward VIII. den Thron opferte, träumerisch, dekorativ indoor - und outdoor mit Blumen. Elizabeth II. 1942 in Armee-Uniform. Churchill mit Zigarre. Vivien Leigh 1945 als Cleopatra. Beaton porträtierte prägende französische Intellektuelle der Nachkriegszeit wie Malraux, Gide, Camus, Sartre; die Garbo im Pierrot-Kostüm; die Stones ganz sittsam (Mick Jagger soll eine Affäre mit Rudolf Nurejew gehabt haben, erzählt der Ausstellungskurator Terence Pepper); die Callas, Marilyn Monroe; Judy Garland, Elizabeth Taylor, Grace Kelly.

Sie alle sehen so aus, als wären sie total glücklich mit den Aufnahmen - und fern vom Ausruf vieler Durchschnittsmenschen, wenn sie sich abgelichtet sehen: "Schrecklich! Schmeiß das sofort weg!" (bis 9. 1. 2005, tägl. 10-19h, Eintritt: 9(7)€; Katalog: 19€)

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