"Alleine kann ich ja nichts!"

Mit einer schrillen Performance präsentierte Christoph Schlingensief gestern das Buch zu seiner umstrittenen Festwochen-Produktion "Bitte liebt Österreich".
Von Dorothee Frank.




Es war eine Performance. Eine Abendshow mit Musik, Video und Schlingensief live, in der Rolle eines ironischen, ohne Punkt und Absatz redenden Talkmasters. Zuerst sah man einen Videozusammenschnitt von der Festwochenaktion "Bitte liebt Österreich", die im Sommer soviel Staub aufgewirbelt hat. Man erinnert sich: Ein paar Container direkt vor der Staatsoper, darauf das Schild "Ausländer raus". Schlingensief inszenierte mit fiktiven Asylanten eine Abschiebeaktion.

"Schlingensief-Container" der Festwochen Aktion "Bitte liebt Österreich" / ©Bild: APA

Schlingensiefs Containeraktion hat so viel Aufsehen erregt wie vielleicht noch keine andere Inszenierung der Wiener Festwochen. Die Proteste empörter Bürger vor dem Container, die politische Debatten und Medienreaktionen, das ist in dem Suhrkamp-Buch "Schlingensiefs Ausländer raus" in collagehafter Form mit vielen Bildern dokumentiert, ergänzt um Texte und Kommentare bekannter Künstler von Elfriede Jelinek bis Alexander Kluge. Denn Erfolg der Aktion bescheinigt aber auch der neue alte designierte Festwochen-Intendant Luc Bondy. Er bat Schlingensief, "sich wieder etwas auszudenken", was Schlingensief mit einer Anspielung auf die Regierung quittierte: "Die müssen zuerst einmal etwas machen. Selber kann ich ja nichts."

Theater der Inflation

Christoph Schlingensief bei der Buchpräsentation
Christoph Schlingensief bei der Buchpräsentation

Christoph Schlingensief amüsierte gestern sein vorwiegend jugendliches Publikum im restlos ausgebuchten Schauspielhaus mit anekdotischen Stellen aus dem Buch, und mit seinen wuchernden Assoziationsketten.
Schlingensiefs Zukunftspläne kamen auch vor. Er will, kündigte er an, mehr Klassiker inszenieren. Er plant ein Theater der Inflation, also 12 Theaterstücke in 12 Wochen, weil, so Schlingensief, "in einer Biografie mindestens 10 klassische Stücke erscheinen müssen, damit man ernst genommen wird."

Rundumschläge



Einmal in Fahrt, stellt Christoph Schlingensief jede Art von Gewissheit in Frage, führt die Zuhörer permanent aufs Glatteis, und macht sich über alles und jeden lustig, über die Rechte wie die Linke, über die neoliberale Wirtschaft, den täglichen Medienoverkill, und sogar über sich selbst. "Ich will nur sagen, dass ich einer der großen Verfechter der Peinlichkeit bin und dafür will ich jemanden danken, durch den das erst alles möglich geworden ist, das bin ich eigentlich selbst, sagt Schlingensief, der in den letzten Wochen wieder einmal Schlagzeilen gemacht hat: Mit seiner Extrem-Fernsehshow "U3000", gedreht in der Berliner U-Bahn, ausgestrahlt auf MTV.

Tipp:

"Schlingensiefs Ausländer raus. Bitte liebt Österreich" - eine Dokumentation von Matthias Lilienthal und Claus Philipp - ist im Suhrkamp Verlag erschienen. (ISBN 351812210x, ATS 167,- / EURO 11,70)

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