Salzburger Nachrichten am 01. März 2003 - Bereich: kultur
Magische Sieben

Carl Frederik Hill (1849-1911) ist ein Künstler, der durch seine Krankheit ein beklemmend starkes, suggestives Werk schuf. Werkschau in Wien.

GÜNTHER FROHMANN

Im skandinavischen Raum gilt er als einer der bedeutendsten Künstler: Carl Frederik Hill (1849-1911). Die ihm gewidmete Ausstellung in der Wiener BAWAG-Foundation mit Exponaten aus dem Museum Malmö kommt einer Entdeckung gleich.

Hill, für die Kuratoren Kay Heymer und Björn Springfeldt ein "Paradebeispiel für den Künstler als Kranken", wuchs im südschwedischen Lund auf. Nach einem Studium an der Stockholmer Akademie ging er 1873 nach Paris. Fasziniert von Camille Corot und dem Künstlerkreis der Schule von Barbizon, war er auf dem Weg zu einem der großen Landschaftsmaler seiner Zeit. Persönliche Schicksalsschläge und der Tod von Corot dürften ihn in eine schwere Psychose gestürzt haben, mit 28 Jahren wurde er wegen Schizophrenie in eine Irrenanstalt eingeliefert. Die Jahre von 1883 bis zu seinem Tod verbrachte Hill völlig isoliert in einem Zimmer im elterlichen Haus in Lund. Dort entstand ein zeichnerisches Werk von beklemmender Ausdruckskraft, 2260 Blätter befinden sich im Besitz des Museums in Malmö.

"777" ist das Motto der sieben Gemälde und 77 Zeichnungen vereinenden Wiener Auswahl. Die Zahl 7 ist aus den Zeichnungen immer wieder in verschlüsselter Form abzulesen. Figuren tragen sieben Hosenknöpfe, ein Pferd lässt sieben Äpfel fallen, eine Uhr zeigt sieben, sieben Blüten zieren einen Blumenkragen. Diese Zahlenmystik gehört zu den vielen Rätseln, die das zeichnerische Werk von Hill kennzeichnen. Es verblüfft den Betrachter durch seine radikale Expressivität und Modernität.

Hill zeichnet mit Pastell- und Ölkreiden, Tusche, Tinte, Bleistift, Gold- und Silberfarben zerrissen wirkende, verstörende Figuren, Familienbildnisse, orientalische Landschaften mit symbolhaften Palmen und Löwen, sich jeder Deutung entziehende irreale Architekturen, aber auch brutale Szenen von Entmannungen. Zeichen einer "schuldbeladenen Sexualität". Zu den beklemmendsten Blättern zählt ein Selbstporträt mit durchschnittener Kehle.

Die sieben 1876/77 entstandenen Ölgemälde im Souterrain der Foundation unterstreichen die frühe Genialität des "gesunden" Hill. Sie halten jeden Vergleich mit berühmten Impressionistennamen aus. Hill malt Steinbrüche und zerfurchte Feldwege in der Nähe von Martigny, in sich ruhende, klar strukturierte Flusslandschaften in der Ilede-France. Eine visionäre, dunkel timbrierte Friedhofsszene lässt vielleicht schon auf Depressionen und zukünftiges Unglück schließen.

Bis 20. April, tgl. 10-18 Uhr