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Quer durch Galerien

Steter Tropfen treibt den Harn

Von Claudia Aigner

Debattieren Sie mit!Wenn man seine Stubenreinheit nicht länger garantieren kann, sucht man den nächstgelegenen Kanalanschluss auf, vulgo das WC. Ann-Sofi Sidén ist da die Ausnahme, die die mutmaßliche Regel bestätigt. Und bedient sich dabei einer Stoffwechselpraktik, die man sogar am A der Welt (also dort, wo es weit und breit keine Klospülung gibt) nur hinterm Busch vollführt: Hinhockeln und dann panta rhei. Einfach auf dem Boden der Galerie König (Schleifmühlgasse 1a) hat sie ihre "Harnprobe" abgegeben.
Alles fließt. Daraus ergibt sich: Man kann nicht zweimal dasselbe Wasser lassen. Außer man hat eine spezielle Pumpvorrichtung im Keller, die das Wasser dezent durch eine Öffnung in der Fußsohle zu einem zurückleitet. Wie beim Double von Ann-Sofi Sidén. Die lässt sich nämlich bis 13. Jänner (genau an der Stelle ihrer vorsätzlichen Harninkontinenz) von einem Bronzeabguss ihres Körpers vertreten. Und der ist so unerschöpflich undicht (spricht harntreibend), dass er wohl alle Harnblasen der Gegend in den Wahnsinn treibt. Die Gesslerhut-Methode. Einen "Stellvertreter" dazulassen, der dieselben Auswirkungen hat wie das Original.
Sidén hat aber nicht zum Spaß leibhaftig uriniert. Es war vielmehr ein seriöses "Arbeitspinkeln". Eine Frau macht hier ihre Gleichberechtigung und ihre territorialen Ansprüche geltend. Mein Revier reicht so weit wie mein Stoffwechsel (ein animalisches Verfahren, um sich die Zäune zu ersparen). Das soll jetzt nicht zur Einführung eines neuen Flächenmaßes verleiten: des Liters (in Anlehnung an den Morgen, der ja so viel Land meint, wie man an einem Vormittag umackern kann). "Zehn Liter Land" wäre dann so viel, wie man markieren kann, wenn man zehn Liter Kaffee getrunken hat. Ein hinterfotziges Opus, das mehr Inhalt besitzt als so manches Werk jener Männer, die von der weiblichen Ausscheidungsfähigkeit auch fasziniert sind.
Ein Gustostückerl für Verhaltensforscher: der Film über die Installierung der Figur. Spezialisten aus dem Geschlecht, das die Klobrillen hochklappt, bohren ein Loch in den Boden. Der "pinkelt" zurück (weil man ein Heizungsrohr erwischt hat). Vielleicht hätte man doch einen Wünschelrutengeher engagieren sollen. Köstlich auch, wie die Professionisten sich wie Brachialgynäkologen bemühen, die Blasenschwäche der Frau in Gang zu bringen.
Ein Daumenabdruck auf dem World Trade Center (WTC). Der kann ja nur vom Täter stammen. Und bedeutet soviel wie "Ich war's" (aber in diesem Fall nicht im Bin-Ladenschen Sinne). Andreas Buisman (bis 11. Jänner in der Galerie am Park, Liniengasse 2a), der gern mit dem Daumen signiert: "Ich hab die Lizenz zum Twin-Tower-Bauen. Ich hab da keine Hemmungen." Das ist kein plumper Versuch, "aktuell" zu sein. Er baut seine "Lampen", die die Proportionen vom WTC haben, ja schon viel länger. Und peinlich ist das auch nicht (wie der Lapsus, mit dem in einem Versandkatalog noch "danach" eine Bettwäsche mit dem WTC beworben wurde: "Trendige Bettwäsche in zwei Qualitäten", womit aber "glatt und in Flanell" gemeint war und nicht: in Vorher-Qualität und in Ground-Zero-Qualität). Auch seine von der Weltgeschichte völlig unbelasteten Leuchttürmchen (aus gestisch beschüttetem Plexiglas) sind auratisch und voller Sinnlichkeit (und Brauchbarkeit). Gelungene Synthesen aus Malerei, Skulptur und Design.

Erschienen am: 28.12.2001

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