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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
24. November 2006
14:36 MEZ
Link: albertina.at
Bis 18.2.  
Foto: Albertina
Andy Warhol hat den Menschen hinter Rod Stewart nach einem Foto festgehalten wie kein Zweiter.

Pädagogische Absichten: Albertina zeigt Andy Warhol
Die Wiener Albertina präsentiert des Popartisten Ansichten über Popstars

Wien - Der Lativ drückt ja (nicht nur in der finnischen Grammatik) einen Platz aus, wo etwas hingeht. In seiner höchsten Steigerungsstufe müsste man jetzt Warholst sagen und damit die Albertina meinen. Weil - und da sind sich alle einig - mehr geht nicht! Dort geht man nicht zweimal hin; einmal dort, ist man angekommen. Der Warhol und die Albertina sind so untrennbar miteinander verbunden, wie sonst nur die Albertina und der Picasso. Oder früher die Albertina und der Chagall. Aber das ist eine andere Geschichte, weil der naive Russe ja jetzt eben mit dem Kunstforum Bank Austria fremd geht. Aber - auch da sind sich alle einig - Adventgefühle sollte man nicht überschätzen. Es kann echt verheerend sein, nach so einem Besinnlichkeitsrausch.

Aber, wie auch immer, es ist viel wesentlicher, dass absolut niemand dem Rod Stewart so tief in die Seele geblickt hat wie eben Andy Warhol. Nie zuvor hat jemand die Abendmaske eines Superstars so away getwistet wie eben Andy bei Rod. Und es ist echt an der Zeit, to talk about it: Andy Warhol brauchte in seiner New Yorker Fabrik bloß ein Foto des Highgaters aufs Büttenblatt projizieren und in wesentlichen Umrissen nachzeichnen lassen, und schon war Rod in seiner pädagogischen Absicht quasi dechiffriert. Weder um das Segeln, noch um die Musik, zeigt Warhol, dreht sich alles bei Rod.

Vielmehr wird der für immer junge Solist nicht müde, jeder Generation aufs neue den richtigen Umgang mit dem Mikrofon nahe zu legen: sanft, aber bestimmt anfassen, und ohne weiteres Zögern zum Mund führen. Kollege Mick Jagger, auch das zeigt Albert von Sachsen Warhol gerade höchst seriell, war da entgegenkommender. Egal, so muss eben jeder seinem Logo treu bleiben.

Schließlich ist gerade Massenkultur, und die Persönlichkeiten, die auch Jahre nach Andys Tod die Massen für - Aufenthaltsdauer-optimierte (hoffentlich nicht länger als zehn) Minuten - in der Welt wichtigste Grafiksammlung locken, heißen eben gerade Mick Jagger, Michael Jackson, André Heller, Aretha Franklin, Liza Minelli, Charles Aznavour oder Beatles oder eben Rod Steward. Allesamt im Prinzip immer noch Celebrities, ob umrissen, collagiert oder variantenreich durchs Sieb gedruckt, spielt da jetzt keine große Rolle.

Superpopstar

Als Handzeichnung gilt, was Klaus Albrecht Schröder in der Albertina ausstellt, und Traditionalisten sei hier nochmals in die Erinnerung gerückt, dass spätestens seit Joseph Beuys die "Erweiterung" gerade im Bereich der Kunst keine Frage mehr aufwerfen darf, sondern nachgerade zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Und: Gerade Klaus Albrecht Schröder war es auch, der die Erweiterung des Albertina-Begriffs nicht nur angedacht, sondern vorbildlich rechtwinkelig in die Tat umgesetzt hat. Ein Gutteil der Besuchermassen frequentiert das vormals ehrwürdige Haus ja gerade wegen der pilzgleich wuchernden Flügel und Trakte, die sich hinter bislang ungeahnten Türen ständig neu auftun. Eben ist das in der Pfeilerhalle passiert: Wer da glaubt, er hätte es mit einer kompakten Ausstellung im Albertina-Geviert für allfällig Zusätzliches zu tun, der irrt. Inmitten der Pfeiler wurde eine Tür gefunden, hinter der sich just wieder eine Ausstellungshalle verborgen hat.

Und - auch ganz wichtig -: Andy Warhol muss man natürlich als ganz subversiv verstehen, als einen, der zeigt, dass auch noch die spitzesten Glanzlichter ganz schön trügerisch sein können. Und: Andy Warhol ist seit 22. Februar 1987 wehrlos. (Markus Mittringer / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.11.2006)


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