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Kunstberichte

Feuer aus dem Wasser

MAK Galerie präsentiert Yves Klein bis September als "Luft-Architekt"
Illustration
- Ließ auch Gasflammen lodern: Yves Kleins „Monochrom und Feuer”.  Foto: Museum Haus Lange, Krefeld, 1961, Charles Wilp

Ließ auch Gasflammen lodern: Yves Kleins „Monochrom und Feuer”. Foto: Museum Haus Lange, Krefeld, 1961, Charles Wilp

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Yves Klein (1928-1962) war einer der Hauptvertreter des französischen Nouveau Réalisme und ist vor allem durch seine tief ultramarinblauen Reliefbilder mit Schwämmen, aber auch durch in diese Farbe getauchte Gipsfiguren bekannt. Er verband eine Musikperformance mit dem Einfärben nackter Modelle, die ihre Körperabdrücke auf Leinwänden hinterließen. Für die weich, fast samtig wirkende Zusammensetzung und den Farbton meldete er ein Patent an; nicht sein einziges, wie sich nun herausstellt.

Er setzte die als "Kosmogonien" bezeichneten Bilder dem Regen aus, um diese Wirkung zu unterstreichen. Ähnlich den Surrealisten "malte" er mit Feuerspuren auf Karton. Marcel Duchamps Plastiken aus Staub waren sein Vorbild, als seine Auseinandersetzung mit dem Immateriellen begann.

Besucher kamen in eine Ausstellung und wurden mit dem "Nichts" als bislang unbekanntes Thema konfrontiert. Der Traum, aus Wasser Feuer lodern zu lassen, mit Luft unsichtbare Wände zu schaffen, zeigt ihn als Visionär einerseits und verweist andererseits auf Träume der manieristischen Künstler, die nicht nur mit alchemistischen Experimenten dahin gelangen wollten.

Nur sieben Jahre konnte er von seinen künstlerischen "Eroberungen des Alls" durch Gedanken an ein irdisches Paradies mit Hilfe vergänglicher Materialien und Experimente träumen. Der herzkranke Klein, von Aktionisten und Konzeptkünstlern als Vorgänger gefeiert, starb bereits im Alter von 34 Jahren.

Dach aus Luft

2004 war die Ausstellung mit dem Untertitel "Visionärer Lebensraum der Zukunft" bereits im MAK-Center Los Angeles und in New York zu sehen. Das Konzept von Gastkurator François Perrin zeigt jetzt mit Hilfe von Filmen, Plänen und Schriften eine weitgehend unbekannte Seite. Gemeinsam mit Architekt Claude Parent war das Multitalent am Projekt eines Musiktheaters in Gelsenkirchen tätig. 1959 entstanden gemeinsame "Air-Architecture"-Zeichnungen, die im sozialen Konzept ein wenig an Le Corbusiers moderne Lebensträume der 50er-Jahre erinnern. Jedoch geht die Überlegung weit über eine Ausführbarkeit hinaus: Wände aus Luft und ein Dach, das durch gepresste, aber zirkulierende Luft auch Sonne und Regen abhalten sollte, bilden die unsichtbaren Wohnräume der Städter – selbst die Möbel sollten durchsichtig bleiben. Küchen, Bäder und Lagerräume wurden in ein Tiefgeschoß verbannt, das Leben darüber sollte vollkommen offen ablaufen. An der Grenze zur Wissenschaft und ohne einen damals schon notwendigen Gedanken an Energieersparnis entstand seine radikal revolutionäre "Stadt der Zukunft".

Yves Klein.

Air Architecture

MAK Galerie

Bis 24. September

Utopistisch.

Dienstag, 18. April 2006


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