Yves Klein (1928-1962) war einer der
Hauptvertreter des französischen Nouveau Réalisme und ist vor allem durch
seine tief ultramarinblauen Reliefbilder mit Schwämmen, aber auch durch in
diese Farbe getauchte Gipsfiguren bekannt. Er verband eine
Musikperformance mit dem Einfärben nackter Modelle, die ihre
Körperabdrücke auf Leinwänden hinterließen. Für die weich, fast samtig
wirkende Zusammensetzung und den Farbton meldete er ein Patent an; nicht
sein einziges, wie sich nun herausstellt.
Er setzte die als "Kosmogonien" bezeichneten Bilder dem Regen aus, um
diese Wirkung zu unterstreichen. Ähnlich den Surrealisten "malte" er mit
Feuerspuren auf Karton. Marcel Duchamps Plastiken aus Staub waren sein
Vorbild, als seine Auseinandersetzung mit dem Immateriellen begann.
Besucher kamen in eine Ausstellung und wurden mit dem "Nichts" als
bislang unbekanntes Thema konfrontiert. Der Traum, aus Wasser Feuer lodern
zu lassen, mit Luft unsichtbare Wände zu schaffen, zeigt ihn als Visionär
einerseits und verweist andererseits auf Träume der manieristischen
Künstler, die nicht nur mit alchemistischen Experimenten dahin gelangen
wollten.
Nur sieben Jahre konnte er von seinen künstlerischen "Eroberungen des
Alls" durch Gedanken an ein irdisches Paradies mit Hilfe vergänglicher
Materialien und Experimente träumen. Der herzkranke Klein, von Aktionisten
und Konzeptkünstlern als Vorgänger gefeiert, starb bereits im Alter von 34
Jahren.
Dach aus Luft
2004 war die Ausstellung mit dem Untertitel "Visionärer Lebensraum der
Zukunft" bereits im MAK-Center Los Angeles und in New York zu sehen. Das
Konzept von Gastkurator François Perrin zeigt jetzt mit Hilfe von Filmen,
Plänen und Schriften eine weitgehend unbekannte Seite. Gemeinsam mit
Architekt Claude Parent war das Multitalent am Projekt eines Musiktheaters
in Gelsenkirchen tätig. 1959 entstanden gemeinsame
"Air-Architecture"-Zeichnungen, die im sozialen Konzept ein wenig an Le
Corbusiers moderne Lebensträume der 50er-Jahre erinnern. Jedoch geht die
Überlegung weit über eine Ausführbarkeit hinaus: Wände aus Luft und ein
Dach, das durch gepresste, aber zirkulierende Luft auch Sonne und Regen
abhalten sollte, bilden die unsichtbaren Wohnräume der Städter – selbst
die Möbel sollten durchsichtig bleiben. Küchen, Bäder und Lagerräume
wurden in ein Tiefgeschoß verbannt, das Leben darüber sollte vollkommen
offen ablaufen. An der Grenze zur Wissenschaft und ohne einen damals schon
notwendigen Gedanken an Energieersparnis entstand seine radikal
revolutionäre "Stadt der Zukunft".
Yves Klein.
Air Architecture
MAK Galerie
Bis 24. September
Utopistisch.
Dienstag, 18. April
2006