Salzburger Nachrichten am 28. Dezember 2005 - Bereich: Kultur
Ein langer Weg nicht nur für die Massen

Die Ausstellung mit abstrakter Malerei von österreichischen Künstlern, die ein halbes Jahr in China tourte, ist jetzt in Wien

LASZLO MOLNARWIEN (SN). Ein halbes Jahr lang waren sie unterwegs, 200 Bilder von sechs jüngeren österreichischen Künstlern. Sie reisten in vier Städte Chinas und bildeten dort die "erste repräsentative Schau zeitgenössischer bildender Kunst eines westlichen Landes", wie der Mitveranstalter der Reise, das Museum Moderner Kunst in Wien (Mumok) bekannt gibt.

Die 200 Bilder machten Halt in den Metropolen Schanghai und Peking sowie in den im Südosten Chinas gelegenen Städten Xian und Guandong. Jetzt, seit dem 16. Dezember, sind sie dort zu sehen, wo die Reise ihren Anfang genommen hat, im Mumok in Wien. Jetzt kann sich auch der Wien-Besucher eine Vorstellung davon machen, wie die Gemälde von Otto Zitko, Walter Vopava, Erwin Bohatsch, Herbert Brandl, Hubert Scheibl und Gunter Damisch auf ihre chinesischen Betrachter gewirkt haben mögen, welches Zeichen die Republik Österreich als "Kulturnation" im immer noch fernen China setzte.

Auch die chinesischen Besucher der vier Ausstellungen - insgesamt 145.000 - spürten die Distanz, sowohl die geografische als auch die der Kultur.

Die professionellen Betrachter der Presse ließen jedenfalls eine gewisse Ratlosigkeit vernehmen: Abstrakte Kunst leite sich aus der Entwicklung von Industrie und Wissenschaft ab, für die Masse sei es noch ein langer Weg bis sie abstrakte Kunst verstehe, hieß es sinngemäß in der Zeitung "Worker's Daily". Jedoch ohne das Verständnis von abstrakter Kunst könne China schwer Erfolge im Bereich der Wissenschaft erlangen.

Das Fachblatt "Art China" wies angesichts der Ausstellung auf die Schwierigkeit hin, in China abstrakte Kunst zu fördern. Es bestehe keine Tradition des Abstrakten, vielmehr bevorzuge die chinesische Kunst seit jeher die konkrete Darstellung mit ihrer stilisierten Charakteristik; auch bestehe eine gewisse Furcht vor dem Fremden, dem Unverständlichen.

Es mag auch an der schieren Menge des Abstrakten gelegen haben, dass so vorsichtig darauf reagiert wurde. Im "Mumok" nimmt die Ausstellung drei Ebenen ein, denn die vorgestellten Gemälde sind sämtlich Großformate, Werke, die diese am Ende der 1950er Jahre geborenen Künstler seit den achtziger Jahren geschaffen haben.

Jeder der Maler hat seine eigene Handschrift. Werden mehrere Bilder mit der selben Charakteristik aneinander gereiht, wie es jetzt im Mumok zu sehen ist, dann braucht der Betrachter eine Weile, um die feinen Unterschiede wahrzunehmen. Am ehesten für Abwechslung sorgen die Bilder von Gunter Damisch und Herbert Brandl. Damisch arbeitet mit Motiven, die wie verheilte Narben aussehen, dazu viel Farbe; Brandl nimmt seine Anregungen aus der Natur und verfremdet sie zu großzügig angelegten Farbräumen. Erwin Bohatsch hingegen zeigt Bilder in Braun- und Grautönen, die in den strengen Räumen des Mumok eine finstere, bedrückende Stimmung verbreiten, und auch die übereinander gelagerten Farbflächen Walter Vopavas lassen nicht eben Frohsinn aufkommen. Aber hieran, an das unmittelbare Empfinden, richtet sich die abstrakte Kunst."China Retour" im Mumok im Museumsquartier; bis 19. Februar 2006, Di. bis So. 10 bis 18 Uhr, Do. bis 21 Uhr. www.mumok.at.