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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst | Biennale von Venedig  
17. Juni 2005
13:36 MESZ
Zur Vorgeschichte 
Foto: AP/Gregor Schneider

Künstler sieht Kubus-Entfernung als "verpasste Chance"
Gregor Schneider: Wollte nicht Kaaba in Mekka rekonstruieren - Zentralrat der Muslime in Deutschland bedauert Verbot

Venedig - Der deutsche Künstler Gregor Schneider, dessen Skulptur "Cube Venice 2005" bei der Kunstbiennale am Canal Grande verboten wurde, sieht die Entscheidung als eine verpasste Chance für den Dialog zwischen den Religionen. Dem Verbot lägen politische Gründe und eine Fehlinterpretation der Werkes seitens der Biennale- Leitung und der zuständigen Behörden zu Grunde, sagte Schneider am Freitag. Mit dem 15 Meter hohen Kubus auf dem Markusplatz habe er nicht die Kaaba in Mekka rekonstruieren, sondern lediglich Assoziationen herstellen wollen.

"Form, Material, Aussehen und Funktion sind nicht mit dem islamischen Heiligtum identisch", erklärte der 1969 in Rheydt (Nordrhein-Westfalen) geborene Künstler. Die Absage richte sich damit letztlich gegen einen abstrakten Kubus, "eine Ikone der modernen Kunst". Dabei hätte die Architektur Venedigs, in der die arabische auf die westliche Welt trifft, eine wunderbare Verbindung herstellen können. Er habe sein Projekt daher auch nicht zu den Akten gelegt, sondern hoffe auf eine spätere Realisierung - "vielleicht in fünf Jahren und in Zusammenarbeit mit anderen religiösen Gruppen".

"Die endgültige Entscheidung der Behörden ist politischer Natur"

Bis heute habe er keine offizielle Ausladung seitens der Biennale- Macher bekommen, sagte Schneider, der 2001 für seine Gestaltung des deutschen Pavillons bei der Biennale den Goldenen Löwen gewonnen hatte. Die spanische Kuratorin Rosa Martínez habe ihm als einzige stets den Rücken gestärkt - "aber bei den Organisatoren hatte das Projekt aus politischen Gründen von Anfang an keine Chance".

Deshalb sei der Alternativ-Vorschlag, den mit Stoffbahnen verkleideten gigantischen Würfel auf einer schwimmenden Insel im Canal Grande zu konstruieren, auch nie eine ernst gemeinte Idee gewesen. "Die endgültige Entscheidung der Behörden ist politischer Natur und muss als solche akzeptiert werden", heißt es dazu in einem Schreiben von Biennale-Präsident Davide Croff an den Künstler. Organisationsdirektor Renato Quaglia hatte Sicherheitsbedenken und Angst vor terroristischen Attentaten als Verbotsgründe genannt.

Schwarzdruck

Schneider sagte, es sei ihm auch nicht erlaubt worden, im Katalog der 51. internationalen Kunstschau in einem Künstler-Statement zu erklären, warum sein Werk nicht realisiert wurde. Die ihm gewidmeten Seiten wurden stattdessen komplett schwarz gedruckt.

Nach Auffassung des Zentralrats der Muslime in Deutschland werden religiöse Gefühle durch das Kunstwerk nicht verletzt. "Es ist nicht verboten, die Kaaba darzustellen. Es gibt Darstellungen in Hülle und Fülle", sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Nadeem Elyas. Er bedauerte das Verbot: "Die Entscheidung ist nicht förderlich für den Dialog zwischen Muslimen und Christen." Der Würfel hätte "mit Sicherheit" eine Diskussion über den Islam ausgelöst.(APA/dpa)


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