VON WALTER FINK
Eigentlich war es nur eine ganz kleine Sache, ein kleines
Schaufenster. Eine Miniatur-Guckkastenbühne sozusagen. Allerdings
mit prominentem Standort. Direkt am Eingang zum Bregenzer Leutbühel.
Kunst-Terminal nannte sich das kleine Bauwerk. Die
Vergangenheitsform ist deshalb angebracht, weil dieser Schaukasten
der Kunst ab heute der Vergangenheit angehören wird. Um 10.15 Uhr,
genau zwölf Jahre nach seiner Errichtung, wird dieser Terminal,
errichtet von der Firma Rhomberg Bau, wieder abgebrochen. Dann
nämlich läuft der Vertrag aus, den Gottfried Bechtold vor einem
Dutzend Jahren eingegangen ist. Schade, daß diese permanente, Tag
und Nacht zugängliche Schau nun vorüber sein wird. Und doch auch
wieder gut, haben die Dinge doch ihre Zeit.
Der Kunst-Terminal von Gottfried Bechtold war, so klein er war,
doch immer wieder eine Provokation. Er war eine durch seine Inhalte,
er war ebenso eine, weil eben über manche Zeit gar nichts zu sehen
war. Außer Reste der letzten Installation, sozusagen der Kunstmüll
vergangener Arbeit. Höhepunkt der Auseinandersetzung um diese kleine
Galerie, die eher wie ein Bildstock anmutete, war sicher die
Reaktion von Bechtold auf die Jeff-Koons-Ausstellung im Kunsthaus.
Bechtold zeigte mit nur einem Foto aus einem aufgeschlagenen Buch
den nicht bereinigten Koons, jenen, der Jahre vor seiner
Präsentation in Bregenz durch mehr als nur erotische Bilder mit
seiner Frau einerseits provoziert, andererseits aber auch den
Kunstmarkt und vor allem die Klatschspalten der internationalen
Presse erobert hatte. Das brachte Bechtold eine Anzeige - viel Ärger
also, allerdings ohne weitere Folgen. Legitim war damals beides: Die
Idee des Kunsthauses, nur einen bestimmten Werkzyklus von Koons zu
zeigen ebenso wie die Bechtolds, auf frühere Arbeiten hinzuweisen.
Die Diskussion zur Ausstellung wurde aber erst durch diese Aktion
richtig angeregt.
Die Koons-Sache war nur herausragend, aber nicht der einzige
Anlaß, über den im Zusammenhang mit dem Kunst-Terminal diskutiert
wurde. So wurde dieses kleine "Schaufenster der Kunst" zu
immerwährendem Anlaß, über Kunst zu reden, auch über Kunst zu
streiten. Der Terminal war damit auch ein besonderes Beispiel für -
wenn auch nur temporäre - Kunst im öffentlichen Raum, Beispiel
dafür, daß Kunst vielleicht nicht unbedingt etwas bewegen, aber doch
zumindest ins Gespräch bringen, für Auseinandersetzung sorgen kann.
Nicht zuletzt deshalb, weil man in diesem Fall eben nicht ins Museum
oder in eine Ausstellung gehen mußte, sondern ganz einfach im
Vorbeigehen mit den Ideen von Gottfried Bechtold konfrontiert wurde.
Man konnte sich ganz einfach nicht entziehen, weil - selbst bei
Ärger über die Sache - die Neugier des Menschen denn doch nicht zu
unterschätzen ist. So erregten sich viele, obwohl es ja einfach
gewesen wäre, das provokative Fensterchen ganz einfach zu
ignorieren.
Der Hinweis auf bekannte, oft aber verschwiegene oder nicht
wahrgenommene Zusammenhänge war immer wesentlicher Bestandteil von
Bechtolds Arbeit. Ganz im Sinne von Paul Klee, nach dem Kunst nicht
das Sichtbare zeige, sondern vielmehr sichtbar mache. Man kann den
Bogen von frühen Arbeiten wie dem ersten Betonporsche bis in die
jüngere Vergangenheit mit der Signatur auf der Staumauer des
Silvrettasees ziehen - immer geht es Bechtold darum, bestimmte Dinge
in neuem Licht erscheinen zu lassen, damit etwas anderes erkennbar
zu machen. So gesehen ist es also schade, daß der Kunst-Terminal
heute abgetragen wird. Es hätte vermutlich noch einiges gegeben, das
über ihn hätte transportiert werden können. Vermutlich kann man aber
getrost sein: Gottfried Bechtold wird andere Wege finden, auf seine
Sicht der Dinge aufmerksam zu machen.
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Die Meinung des Gastkommentators muss nicht mit jener der
Redaktion übereinstimmen. Auf Wunsch des Autors erscheint sie in der
alten Rechtschreibung.