MAK: "R. M. Schindler - Architektur und Experiment"
Ein Dach unterm Kopf!
Von Claudia Aigner
Man wohnt ja auch draußen vor der Tür. Oder schläft schon mal
auf dem Dach (am besten aber bei Windstille). Wer die genaue Sachlage
nicht kennt, wird jetzt sagen: "Na ja, das spricht aber nicht unbedingt
für den Architekten." Falsch. "R. M. Schindler - Architektur und
Experiment": Noch bis 10. Februar widmet sich das MAK dem Lebenswerk eines
wahren Experten für "flexibles Wohnen" (und das ist ausnahmsweise nicht
die neue, politisch korrekte Bezeichnung für "Sandlertum"), der bei Otto
Wagner studiert hatte, bevor er 1914 Wien abhanden kam, um bis an sein
Lebensende (1953) Amerika zu zeigen, was Wohnen auf Schindlerisch heißt.
Kennst du das Land, wo die Leute draußen wohnen? Ja, natürlich.
Kalifornien. Dort war Schindlers eigentliche Wirkungsstätte. Sein eigenes
Haus in der Kings Road in Los Angeles (heute das "MAK Center for Art and
Architecture") geriet zum gebauten Manifest, wie man in Kalifornien
"richtig" wohnt (sogar John Cage wohnte dort "richtig", blieb aber nur
neun Tage). 1922 erklärte Schindler sein Haus für "fertig - das heißt, ich
wohne darin". Ein sehr horizontales Haus mit Betonböden und
Sichtbetonwänden, mit Schiebetüren zum Garten, mit so etwas wie
Freiluftkäfigen auf dem Dach (den gerüchteumwitterten "Schlafkörben") und
mit Innen- und Außenkaminen. (Überspitzt formuliert: Je mehr Kamine da
sind, desto eher ist das Haus von Schindler). Also ein Bungalow, der eine
Wohnkultur garantiert, die - mit fast nahtlosen Übergängen - zwischen
drinnen und draußen pendelt. Gilt freilich auch für Kröten und Grillen.
Schindler über sein trautes (aber vielleicht nicht unbedingt extrem
gemütliches) Heim: "Und falls ich nicht versagt habe, sollte es so
kalifornisch sein wie der Parthenon griechisch und das Forum römisch".
Freilich hat zumindest zwei Gäste der "Wohnmut" verlassen, weil in
Kalifornien halt doch nicht immer die Sonne scheint und es hereinregnete.
Feuchte Witterung herrschte anfangs übrigens auch in den
Bungalow-Apartements in La Jolla (Schindlers "Pueblo Ribera Courts"). Da
tat es nichts zur Sache, dass richtig zusammengemischter Beton "von Haus
aus wasserdicht" ist, wie Schindler seinem skeptischen Auftraggeber
versicherte, der auch sonst insofern kritisch war, als er für jedes
Schlafzimmer und jede Küche Fenster verlangte. Begründung: "Die Damen
schauen bei der Arbeit gerne nach draußen." (Da kann er aber nur die
Arbeit am Herd gemeint haben, nicht die horizontale eheliche Arbeit.) Eine
Frau ohne Küchenfenster ist schließlich wie ein Fisch ohne Klingel auf
seinem Fahrrad. Obendrein war Schindler der Fauxpas passiert, dass in den
Garagen Cadillacs und Hudsons diskriminiert wurden. "In" ist zu viel
gesagt, passten die Schlitten doch gar nicht hinein. Aber das fällt unter
"kleine Rückschläge". Schindler war ein experimentierfreudiger,
eigenwilliger Individualist, der da und dort recht expressiv baute und
eine Vorliebe für komplexe, dynamische Räume hatte und der, egal, was er
baute (Strandhäuser, Stadthäuser, eine Kirche . . .), stringente Lösungen
fand und sozusagen jedem Standort "sein" Haus anpasste (und auch
Einbaumöbel mit hohem Sperrholzanteil entwarf). Und mit dem Purismus des
überaus beliebten "Internationalen Stils" nicht wirklich etwas anfangen
konnte. Extremstes Beispiel: die Ellen Janson Residence. Eine wagemutige
Konstruktion, die auf eine Frage von Schindler an Ellen Janson zurückgehen
soll ("Wie würde dir ein Haus aus Spinnweben gefallen?"). Auf den ersten
Blick nur mit Sturzhelm bewohnbar. Wie für einen Stuntman gemacht, der ja
wissen muss, wie man im Bedarfsfall möglichst schonend in eine Schlucht
der Hollywood Hills fällt. Und Schindler war gar nicht so verkannt,
wie er glaubte, auch wenn Philip Johnson ihm schon eine narzisstische
Kränkung versetzte, als er ihn 1932 in seiner Ausstellung über moderne
Architektur (im Museum of Modern Art) komplett ignorierte, obwohl
Schindler ausdrücklich auf sich aufmerksam gemacht hatte. Wie sehr man
sich nun aber im MAK auch bemüht, durch (eher andeutende) Modelle, durch
Fotos und Möbel Schindlers Bauten greifbar zu machen, der Betrachter muss
sich jedes Gebäude trotzdem erst "erarbeiten" und Grund- und Aufrisse
lesen. Die Ausstellung ist deshalb eher einem architektonisch
vorbelasteten Publikum zu empfehlen. Diesem aber wärmstens.
Erschienen am: 27.12.2001 |
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