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Galerie Krinzinger: Investieren? Auch riskieren!

23.07.2011 | 18:25 | von Barbara Petsch (Die Presse)

Die Wiener Galerie Krinzinger hat heuer ihren 40. Geburtstag. Ursula Krinzinger gibt Ratschläge für Sammler-Anfänger und erzählt, wie die zeitgenössische Kunst aus dem Abseits ins Zentrum rückte.

Basel, Hongkong, Madrid, New York, Dubai, Mexiko City – von einer Messe zur anderen reiste heuer die gebürtige Bregenzerin Ursula Krinzinger. Was macht der „Genosse Trend“? „Eine schwierige Frage. Sie haben heute diese enorme Vielfalt. Figuratives neben Abstraktem, Fotografie neben Performance, Malerei, Zeichnung. Zeichnung ist oft die Einstiegsdroge für Sammler. An der Zeichnung kann man viel ablesen und sie ist finanziell leistbar. Obwohl heute schon die Akademieabgänger ganz schön hohe Preise haben. Es gibt die politische Kunst, vor allem die politisch dunkle Kunst und immer neue Schauplätze und Länder, wo Kunst produziert bzw. gekauft wird. In der Vergangenheit konnte man Trends ablesen bzw. man hat sich eingebildet, genaue Zuordnungen machen zu können. Heute gibt es das offene Umgehen mit der Kunst.“


Anfänge mit Aktionismus.
2012 wird die Galerie Krinzinger offiziell ihren 40.Geburtstag feiern. Eigentlich wurde sie 1971 eröffnet, aber heuer geht sich das Feiern wegen der vielen Messen nicht aus. Begonnen wurde mit Avantgarde der 1960er und 1970er – Krinzinger begeisterte sich früh für den Aktionismus, hat eine Sammlung, war auch in wichtige Ausstellungen und Ankäufe von Museen involviert. Als Aktionismus-Spezialistin mag sie sich trotzdem nicht so recht bezeichnen: „Höchstens in einem gewissen Maße. Es ist meine Geschichte. Aber: Exklusivität gibt es nicht mehr.“ Außerdem legt sie Wert darauf, dass ihr die junge Kunst ebenso wichtig ist wie die einstige Avantgarde.

Trotzdem freut sie, dass New Yorks Museum of Modern Art sich nach Präsentationen an der Westküste („Out of Actions“ im Museum of Contemporary Art, L.A. 1998) nun auch verstärkt Aktionismus anschaffen will. „Wir haben auch die 45- bis 50-jährigen im Programm und dann die ganz Jungen“, betont die Galeristin. Seit 2002 gibt es neben dem bekannten Standort Seilerstätte eine Dependance für junge internationale Kunst im siebten Bezirk. In den 1990ern hat Krinzinger eine Ausstellung mit heutigen Berühmtheiten gezeigt: Paul McCarthy, Mike Kelley oder Raymond Pettibon. Ein heimischer Sammler kaufte damals bei ihr für 350 Franken eine Pettibon-Zeichnung, die nun beim Auktionshaus Phillips für 50.000 Dollar angeboten wird. Ein typischer Fall von toller Spekulation? Krinzinger: „Nein, der Sammler hatte einen Instinkt und war einfach so begeistert von Pettibon. Man darf beim Kunstkaufen nicht nur ans Investment denken, man muss etwas riskieren. Als ich begonnen habe, war die Kunst einfach das Größte in meinem Leben. Ich bin an den Dingen so sehr gehangen, dass es für mich fast unmöglich war, sie zu verkaufen. Das hat sich natürlich enorm geändert, aber das ist die Art von Passion, die man haben muss.“


Sammlerphänomen. Der Künstler im stillen Kämmerlein, den gibt es nicht mehr? „Oh ja“, widerspricht Krinzinger, „Es kommt auf die Kuratoren und die Galeristen an, dass sie Künstler mit Potenzial finden. Vermittlung ist wichtig. Wir machen sehr viel Archivarbeit und bekommen sehr oft Anfragen, wo dieser oder jener Künstler ausgestellt hat.“ Früher war die zeitgenössische Kunst eine „Orchideen-Disziplin“, nun hängen Anwälte, Ärzte, Unternehmer statt Altmeistern oft aktuelle Kunst in ihre Büros: „Ja. Die Schwellenangst ist genommen, auch durch die Medien.“ Die Szene ist lebhafter, auch in Österreich, es gibt mehr Konkurrenz bei den Galerien – und ein seltsames Sammlerphänomen. „Ich habe wirklich treue Sammler. Da bin ich sehr froh. Aber viele Sammler kaufen nur im Ausland und bei internationalen Galerien, weil sie eine gewisse Angst vor hiesigen Galerien haben“, erzählt Krinzinger. „Es ist viel besser geworden als vor 20 Jahren, aber oft muss ich drei Ausstellungen eines Künstlers machen, bevor in Österreich jemand etwas erwirbt.“

Was würde sie kaufen? Stolz ist sie, dass der Chinese Zhang Ding, ihr Artist in Residence 2008, groß in Shanghais angesehener ShangArt Gallery ausstellte. Weiters empfiehlt sie Österreicher: Linus Riepler (Jg. 1984), seine Installation „My Neighbour is my Clock“ (ca. 20 m groß, ca. 12.000 Euro mit Mwst.) läuft bis 29.Juli in der Seilerstätte, Rosmarie Lukasser (Jg. 1981) und „Senkrechstarterin“ Zenita Komad (Jg. 1980). Die „Krinzinger Projekte“ zeigen unter dem Motto „Artist in Residence Hungary 2010“ bis 30.Juli ungarische und österreichische Künstler.


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