Die Londoner High-Society zählte einst zu
seiner Kundschaft. Jetzt lebt der ehemalige Szene-Galerist in einem alten
Lagerhaus in Neufelden, tief im Mühlviertel, das er gemeinsam mit dem
oberösterreichischen Künstler Joachim Eckl zu einer internationalen
Kunstdrehscheibe ausbauen will.
Dort zeigt er auch seine Sammlung. Für kultur.ORF.at Andreas Wolf mit
Nick Treadwell u.a. über seine Übersiedlung nach Österreich, über seine
Projekte sowie seinen Zugang zur Kunst gesprochen.
kultur.ORF.at: Wie und warum sind Sie nach Österreich
gekommen?
Nick Treadwell: Ich habe mich immer schon als Europäer gefühlt.
Anfangs habe ich geglaubt, London sei das Zentrum der Welt. Dann dachte
ich, Bradford ist die Mitte des Universums. Faktum ist: Neufelden liegt an
der Schnittstelle zwischen Ost und West in einer wunderschönen Landschaft
mit sauberer Luft.
Außerdem habe ich einige oberösterreichische Künstler bei Ausstellungen
in Basel und London kennen gelernt. Joachim Eckl, mit dem ich hier
zusammenarbeite, hat mich eingeladen und mir dann dieses alte Lagerhaus
gezeigt. Das war im August 1999. Im September haben wir es gekauft. Es ist
phantastisch.
kultur.ORF.at: Ein Galerist aus London, bei dem früher die
Superstars ein und aus gegangen sind, hier im Mühlviertel - wie gehen die
Menschen hier mit Ihnen um?
Nick Treadwell: Mit meinen roten Haaren und meiner Stoppelglatze
bin ich für die Neufeldener schon zu so etwas wie ein Maskottchen
geworden. Ich habe hier auch schon viele Freunde. Wir versuchen natürlich,
auch mit regionalen Organisationen und Institutionen zusammenzuarbeiten.
So machen wir z.B. Führungen für Schüler und werden einige Waggons als
Treffpunkt für Jugendliche umbauen.
kultur.ORF.at: Trotzdem ist Ihre Galerie noch ein
Insidertipp.
Nick Treadwell: Ich kenne die Londoner Galerien-Szene. Keiner
bleibt länger als zehn Minuten. Entweder, weil sie das Auto im Halteverbot
abgestellt haben, oder weil sie bereits zum nächsten Termin hetzen. Hier
können die Leute einen ganzen Tag verbringen, über das Wochenende bleiben
oder, wenn sie wollen, drei Wochen oder länger bleiben. Ich arbeite eng
mit dem "Mühltalhof", einem sehr guten Wellness-Hotel und
Gourmet-Restaurant zusammen.
"Die Station" wird als Kreativitätspool z. B. auch in den
Seminarbetrieb des Hotels integriert. Es geht hier durchaus um eine andere
Form des Kunstverkaufes. Die Leute sollen sich hier in erster Linie
wohlfühlen: Sie können wandern, schwimmen, sich erholen - und Kunst gibt
es eben auch. Den Großteil der Verkäufe machen wir ohnehin bei
internationalen Ausstellungen.
![Joachim Eckl und Nick Treadwell feiern den 1. Geburtstag der](00060254-Dateien/3-eckl-tread.jpe) |
Joachim Eckl und Nick Treadwell feiern den 1.
Geburtstag der "Station" |
kultur.ORF.at: Sie haben sich ja nie auf das traditionelle
Galeriewesen beschränkt. Ist "Die Station" nun eine Weiterführung ihrer
englischen Projekte?
Nick Treadwell: Mir war das bloße Verkaufen immer zu wenig.
Während meiner Londoner Zeit habe ich z. B. auch Exhibitons veranstaltet.
Ich war damals ziemlich der Erste, der so etwas machte. Künstler sollten
zum Beispiel ein Porträt der Queen malen. Da gab es viele Proteste, das
war für viele einfach unakzeptabel. Außerdem war die Porträt-Malerei
Anfang der 70er Jahre völlig out. Trotzdem wurde die Sache zum
internationalen Medien-Hype. Sogar in Deutschland landete ich damals auf
der Titelseite der Zeitung "Die Zeit".
kultur.ORF.at: Sie haben aber auch Kunstmessen veranstaltet.
Nick Treadwell: Das sah ich immer als Alternative zum
herkömmlichen Galeriebetrieb. Kunstmessen sind viel demokratischer als
Galerien. Erfahrung mit Kunstmessen habe ich bereits mit den "Ideal Home
Exhibitions" in den 60er Jahren gesammelt. Auf der Suche nach dem
optimalen Wohnstil besuchten damals mehr als eine Million Menschen diese
Ausstellungen.
kultur.ORF.at: Ihre Figuren, die Sie hier ausstellen, spiegeln
den typisch britischen Humor wider. Verstehen die Menschen hier diese Art
von Humor?
Nick Treadwell: Mir ging es immer um Unterhaltung. Kunst soll
unterhalten - und das tut sie hier auch. Was wir zeigen sind mehr oder
weniger realistische Figuren in mehr oder weniger realistischen Szenen.
Jeder, der das sieht, begreift sofort, worum es geht. Da braucht man keine
Kunstvermittlung und keine Theorie.