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23.03.2002 - Ausstellung
Späte Wiederkehr eines Vertriebenen
Ernst Eisenmayer, Jahrgang 1920 und Wiener Emigrant, wird vom Wiener Jüdischen Museum unter dem Titel "About the Dignity of Man" vorgestellt.
VON KRISTIAN SOTRIFFER


Ein 1960 entstandenes Bild trägt den Titel "Schlackenhaufen". Aber es scheint mehr wiederzugeben als den in einer Industrielandschaft gefaßten Eindruck. Der schwarze Berg, von Schlieren durchzogen, symbolisiert auch ein schwarzes Jahrhundert, eines, in dem Menschen verbrannt wurden.

Es waren jene, die der Künstler, aus seiner Erinnerung heraus im Jahr 1948 darstellte: Als straßenwaschende, von feixendem Volk umringte Juden: "Wien 1938". In einer im selben Jahr gemalten Szene steht im Mittelpunkt ein KZ-Aufseher; das Bild hat den Titel "Joseph und seine Brüder".

Ernst Eisenmayer, der mit Erich Fried die Schulbank im Wasa-Gymnasium gedrückt hat, war auf der Flucht festgenommen und nach Dachau gebracht worden. Glückliche Umstände erlaubten ihm die Emigration nach London. Dort entstand sein malerisches Werk mit zahlreichen Analogien gegenüber dem, wovon realistisch-expressive Ausdruckskunst damals mitbestimmt worden war.

Als Porträtist wechselte er zwischen feinerer und gröberer Malerei. Der Betrachter des Londoner Stadtbildes bevorzugte gedämpfte, brandige Farbspiele, wobei seine Kompositionen gelegentlich zur Abstraktion neigten wie in jenen 1962 entstandenen, hervorstechenden Bildern, die er "Modernes Babel" nannte.

Zwischen 1975 und 1988 siedelte sich Eisenmayer in der Nähe von Carrara an. Aber als Bildhauer, als der er sich von seiner Malerei deutlich unterscheidet, bevorzugte er den Umgang mit aus Stahl gegossenen, gefügten Teilen. Dabei kam ihm zugute, daß er während des Krieges als Werkzeugmacher gearbeitet hatte. Das gemäßigt "Moderne" in seinen Arbeiten hätte ihn im Wien der sechziger Jahre gut einen Platz in der Künstlergruppe "Der Kreis" finden lassen können.

Seit dem Jahr 1988 - der wichtigste Teil seines künstlerischen Werks war bereits abgeschlossen - lebte Ernst Eisenmayer in Amsterdam, ehe er sich dann 1996 wieder in Wien einfand: Ein zarter alter Mann mit lebendigen Augen.

Bis 16. Juni, So. bis Fr. 10-18, Do. bis 20 Uhr.



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